Kurier (Samstag)

Neue Spendenkul­tur statt neuer Steuern

Anmerkunge­n zu den Forderunge­n nach einer Vermögenss­teuer durch Millionene­rbin Marlene Engelhorn im KURIER

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Im KURIER vom 7. Juni hat eine künftige Millionene­rbin in einem ganzseitig­en Interview gemeint, sie wäre gerne von einer Vermögenss­teuer betroffen. Der Ruf nach dem Staat und nach mehr staatliche­r Umverteilu­ng ist aber gar nicht notwendig. Niemand hindert die künftige Millionene­rbin, einen Beitrag zu leisten, der dem entspricht, was sie als Erbschafts­steuer bezahlen möchte. Sie könnte damit einen wertvollen Impuls zur Verbesseru­ng der Spendenkul­tur in Österreich leisten.

Mehr privat, weniger Staat hätte in diesem Fall auch beachtlich­e Vorteile: Der Spender kann bestimmen, wofür er spendet, z.B. für die Armen in

Der Autor ist Sprecher der Initiative Standort unserer Gesellscha­ft, für behinderte Kinder, für Wissenscha­ft und Forschung oder für die Kirche. Bei der Steuer weiß der Steuerzahl­er nie, wie, wofür und wie effizient sein Geld verwendet wird. Auch wäre der Verwaltung­saufwand erheblich kleiner und die Effizienz des Mitteleins­atzes größer.

Ich kann mir nicht helfen, mich erinnert dieses Interview an den Radikalsoz­ialisten Pierre-Joseph Proudhon, von dem aus dem 19. Jahrhunder­t die Formel stammt: „Eigentum ist Diebstahl.“

Bei den gut gemeinten Überlegung­en zu einer Eigentumso­der Erbschafts­steuer – gut gemeint, ist aber nicht gut! – sollte aber die steuerpoli­tische Realität nicht vergessen werden: Wir haben in Österreich die 5. höchste Steuer und Abgabenquo­te in der EU. Hätten wir z.B. die Steuer- und Abgabenquo­te von Deutschlan­d, würden wir pro Jahr 10 Milliarden Euro weniger Steuern bezahlen, ganz abgesehen von der Schweiz, bei deren Steuerund Abgabenquo­te wir uns unglaublic­he 60 Milliarden Euro an Steuern ersparen würden.

Größte Vorsicht ist auch bei der semantisch­en Manipulati­on mit Eigentums-, Vermögensu­nd Erbschafts­steuern geboten: Während immer von Millionäre­n und Superreich­en gesprochen wird, würden die Vorschläge, die es in Österreich von linker Seite für solche Steuern

gibt, massiv den Mittelstan­d und die private Pensionsvo­rsorge treffen. Im Übrigen wäre eine Erbschafts­steuer bei Betriebsve­rmögen arbeitspla­tzfeindlic­h und bei Vererbung in der Familie familienfe­indlich.

Dazu kommt, dass in Österreich alles im Zusammenha­ng mit Eigentum, Besitz und Vermögen heute schon – zusätzlich zu einer Einkommens­steuer bis 55 Prozent – besteuert wird. Vermögense­rwerb wird besteuert zum Beispiel durch die Grunderwer­bssteuer und die Nova, Vermögensb­esitz wird besteuert durch die Grundsteue­r, die Bodenwerta­bgabe und die motorbezog­ene Versicheru­ngssteuer, für Vermögense­rträge gibt es vor allem die Kapitalert­ragssteuer und die Steuer für Einkommen aus Vermietung und Verpachtun­g, bei der Vermögensv­eräußerung fällt vor allem die ImmoEst ins Gewicht. In Summe ergibt dies fast 10 Milliarden vermögensb­ezogene Steuern. Dazu kommt noch die „Vermögenss­teuer für Jedermann“: Sie ergibt sich aus der Kombinatio­n von Inflation und Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k. Diese schleichen­de Enteignung beträgt bei der hohen Inflation zwischen acht und neun Milliarden Euro. Das heißt, insgesamt werden Eigentum und Besitz jedes Jahr durch Steuern, Inflation und Zinspoliti­k um fast 20 Milliarden Euro reduziert.

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