Sogar beim Zahnarzt ist das Gefühl gut
Auf ihre Urgroßmutter „Ida“folgt die „Iglhaut“
Die Zahnärztin, zu der sie geht, hat einen Sohn, der erst lernen muss, Zahnarzt zu sein. Deshalb zahlt sie bei ihm für die Behandlung etwas weniger. Schön. Außerdem ist der Zahnarzt ein fescher junger Kerl und lädt seine Patientin in die Oper ein. Das ist sehr schön.
Von Katharina Adler war dieses Buch der Leichtigkeit und Zuversicht nicht unbedingt zu erwarten gewesen.
Bekannt wurde die Münchnerin mit „Ida“, dem Roman über ihre Urgroßmutter Ida Bauer – der „Fall Dora“(1900) von Sigmund Freud. Die bissl Hysterische.
Idas Papa hatte sie zum Professor gezwungen, weil sie nervös hüstelte. Freud sah darin eine Fellatio-Fantasie. Daraufhin wagte es die 18-Jährige, die „Kur“abzubrechen und befreite sich von ihrer Rolle als Patientin.
Ohne Elegantes
Katharina Adler beherrscht Milieuschilderungen. In Iglhauts Haus ist alles vertreten – bis aufs Mondäne.
Ein buddhistischer Krankenpfleger verkauft Marihuana, eine Schriftstellerin ist neugierig, ein Ehemann tobt, seine Frau lässt sich alles gefallen („wegen der Kinder“), ein KreuzworträtselExperte hat die Badewanne voll mit Büchern ...
Iglhaut wird, ohne es zu wollen, zum Dreh- und Angelpunkt der Bewohner.
Ihre Geldsorgen – und da kommt wieder das Helle – werden von einer Nonne erleichtert, die Heiligenfiguren restaurieren lässt.
Die Beziehung der Hauptperson zum „Ex“mag etwas seltsam sein, aber sie ist prickelnd.
Gegen Ende des Romans gibt es ein Fest im Hof, und die Iglhaut denkt: Alle sollen zusammenbleiben, die ganze Nacht, bis in die Ewigkeit.
So etwas steckt an, nun denkt man selbst, so ein Fest könnte man organisieren (und murmelt ins noch offene Buch: Aber der Hof ist zu klein dafür. Leider. Gott sei Dank).