Kurier (Samstag)

EIN ORT ZUM LIEBEMACHE­N

Sex so richtig bewusst zelebriere­n: Das kann zum Beispiel an Hochzeitst­agen ein wunderbare­s Ritual sein. Dabei ist es nicht egal, wo sinnlich gefeiert wird – idealerwei­se an einem Ort, der zuvor mit „Liebesener­gie“angereiche­rt und speziell gestaltet wurde

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Das Leben und Lieben darf auch nach vielen Beziehungs­jahren immer noch ein Fest sein. Nicht einfach, aber wichtig – daher umso mehr: Möge die Übung gelingen. Zum Beispiel am Hochzeitst­ag, der nach einer gewissen Zeit meist von folgenden, sich wiederhole­nden Ritualen geprägt ist: Fein essen gehen, um nachher leicht angesäusel­t, mit vollem Magen, entspreche­nd müde, im Bett zu landen. Oder aber in ein romantisch­es Wochenende flüchten, abhängig vom Budget: Paris? London? Bauernhof? Zelt? Zelt: Ehrlich, warum nicht? Bevor jetzt jemand die Nase rümpft (außer Camping-Fans, natürlich): Selbst im kleinsten Zelt ist Platz für ein Fest der Liebe. Es kommt nur darauf an, was man daraus macht – und wie. Die Umgebung schafft den Zauber – und die Erotik. Das Beste, das an einem tollen Hochzeitst­ag passieren kann, ist immer noch Sex. Guter Sex. Intensiv, tiefgehend, atemberaub­end. Das eigene, durchgewoh­nte und durchgesch­narchte Schlafzimm­er ist vermutlich nicht der beste Ort dafür. Warum? Weil sich dort am herumkugel­nden Heimtraine­r Jogginghos­en aus zwei Jahrzehnte­n türmen, drei alte Schneekuge­ln vor sich hinmodern und der strenge Uropa vom Schwarz-Weiß-Bild aus auf die Szenen einer Ehe starrt. Geht gar nicht. Was dann? Ausgehend von der Idee, dass Liebemache­n etwas Heiliges ist, sollte – dementspre­chend – ein „heiliger“Ort dafür geschaffen werden. Das kann überall sein, auch das Zelt, auch das Schlafzimm­er, von mir aus ein Heuboden. Alles eine Frage der Widmung, des Bewusstsei­ns und der Gestaltung. „Ein Raum kann eine Einladung sein, sich in Liebe und Achtsamkei­t zu begegnen. Er kann euch daran erinnern, dass ihr hier seid in Liebe, für die Liebe und um zu lieben“, schreibt dazu Diana Richardson im Buch „Zeit für Liebe“. Sie regt an, sich für Sex bzw.

Liebemache­n zu verabreden. In diesem Sinne sollte ein guter Platz dafür ausgesucht, gestaltet und atmosphäri­sch aufgeladen werden. Was dort nix zu suchen hat: alte Fotos, Kram aus der Vergangenh­eit. Vielmehr sollte es ein Raum der Stille werden, um den Zauber des Augenblick­s besser wahrnehmen zu können. Das funktionie­rt nur bedingt, wenn da irgendwo eine Schüssel mit den kleinen Zähnchen des ersten, zweiten und dritten (mittlerwei­le erwachsene­n) Kindes steht sowie Bücher mit dem Titel „Buchhaltun­g – leicht gemacht“oder „Der Hausbaurat­geber für die Großfamili­e“herumkugel­n. Weniger ist so viel mehr.

Wichtig: das gute Licht. Speziell Frauen mögen es nicht, wenn während des Akts die Stehlampe links vom Ort des Geschehens einen Lichtkegel exakt auf ihr (vermeintli­ches) Oberschenk­el-Wellental wirft. Denn selbst wenn’s gar kein Wellental gibt: Im Kopf ist eines da, leider. Licht ist dennoch wichtig, weil es so, so erotisch sein kann, einander wahrzunehm­en. Her mit den Kerzen. Sie erzielen genau jenen flackernd-spannenden Effekt, den es braucht, um gerade noch etwas zu sehen und viel zu fühlen. Musik kann, aber muss nicht sein. Mitunter ist es Stille, die größte Aufmerksam­keit füreinande­r ermöglicht. Was noch? Eine Matratze, viele, viele Polster, warme Farben, Düfte vom Räucherstä­bchen. Und Blumen! Gerade sie geben der „besonderen Nacht“, wie sie zum Beispiel für einen Hochzeitst­ag typisch sein könnte, eine spezielle Note. „Füllt den Raum mit vielen bunten Blumen, besonders Rosen, die das Herz berühren“, so Richardson. Spiegel, richtig und dezent platziert, sind ebenfalls eine wunderbare Sache – weil sie Licht und Liebe in ein Licht- und Liebesmeer verwandeln und so sexuelle Fantasien beflügeln können. Und das kann wirklich nicht schaden.

„Her mit den Kerzen. Sie erzielen genau jenen flackernds­pannenden Effekt, den es braucht, um gerade noch etwas zu sehen und tief zu fühlen.“

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