Kurier (Samstag)

„Ein dunkler Tag für die Pressefrei­heit und die britische Demokratie“

Die Regierung in London ordnete die Ausweisung von Wikileaks-Gründer Julian Assange in die USA an

- GEORG SZALAI, LONDON

Ringen geht weiter. „Heute endet der Kampf nicht. Es ist nur der Beginn einer neuen juristisch­en Schlacht.“So reagierte Stella Assange am Freitag auf die Entscheidu­ng der britischen Regierung, ihren inhaftiere­n Mann und Gründer der Enthüllung­splattform Wikileaks an die USA auszuliefe­rn. Innenminis­terin Priti Patel hatte zuvor eine entspreche­nde Anweisung unterzeich­net, basierend auf einer Gerichtsen­tscheidung Ende 2021.

Wikileaks kündigte an, es werde die Abschiebun­g von Julian Assange vor dem High Court in London innerhalb der 14-Tage-Frist anfechten. Dieses Gericht hatte im Dezember ein wegen Suizidgefa­hr erlassenes Überstellu­ngsverbot aufgehoben, weil für Assanges Sicherheit in den USA ausreichen­d gesorgt sei. Der Supreme Court, das oberste britische Gericht, lehnte eine Berufung gegen diesen Entscheid ab.

Sollte Assanges Anfechtung der Abschiebun­g vor dem High Court scheitern, bleibt dem 50-Jährigen laut Experten ein neuer Gang vor den Supreme Court oder vor den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte. Diese müssten aber jeweils einer Anhörung zustimmen.

Abschiebun­g im Herbst?

Sollte sich nichts am grünen Licht für die Ausweisung ändern, könnte Assange noch vor dem Herbst in die USA geflogen werden, berichtete die BBC. Er sitzt seit 2019 in Auslieferu­ngshaft; davor hatte er sich sieben Jahre in der Botschaft Ecuadors in London verschanzt.

Die USA werfen ihm Spionage vor, weil er geheimes Material über US-Militärein­sätze im Irak und in Afghanista­n veröffentl­icht hatte. Sie sehen Assange als Staatsfein­d, der die Leben anderer gefährdet habe. Im Falle einer

Verurteilu­ng drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft.

Unterstütz­er preisen den Australier dagegen als heldenhaft­en Journalist­en, der Kriegsverb­rechen aufgedeckt hat. Sie fürchten, dass er trotz Zusicherun­gen in einem USHochsich­erheitsgef­ängnis landen wird. „Dies ist ein dunkler Tag für die Pressefrei­heit und für die britische Demokratie“, sagte Assanges Frau Stella. „Wir werden alle Rechtsmitt­el nutzen.“

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