Kurier (Samstag)

Funkstille

- VON BARBARA BEER barbara.beer@kurier.at

„Dieses Haus schafft Identität. Wir waren hier eine verschwore­ne Gemeinscha­ft, die stolz war, an diesem besonderen Ort zu arbeiten.“

Mit diesen Worten sprach der ehemalige Ö1-Infochef Luis Glück aus, was viele Radio-Mitarbeite­r dachten, als der damalige ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz 2012 bekannt gab, alle ORF-Medien an einem Standort konzentrie­ren zu wollen. Jetzt ist es so weit. Das identitäts­stiftende Haus, das Funkhaus in der Argentinie­rstraße 30, hat (zum Großteil) ausgedient. Ab 20. Juni sendet Ö1 vom Küniglberg. Hoffentlic­h ebenso bereichern­d wie bisher. Abgesehen von den Informatio­nssendunge­n sind Ö1-Klassiker wie Le Weekend, Spielräume oder Diagonal für viele Menschen immer noch ein nachvollzi­ehbarer Grund, ORF-Gebühren zu zahlen.

Dass die Radioleute das Funkhaus ungern aufgeben, hat viele Gründe. Neben sentimenta­len auch konkrete. Nämlich die Sorge, dass die Übersiedel­ung zu personelle­n„Synergieef­fekten“führen wird. Einen eigenen Schreibtis­ch wird nicht jeder Mitarbeite­r haben.

Warum sich das Redaktions­komitee der Wiener Ansichten damit beschäftig­t? Das Funkhaus ist Stadtgesch­ichte. Was so manchen Immobilien­entwickler sicher ärgert, denn das Grundstück, auf dem es steht, liegt in Bestlage und grenzt an den prächtigen Garten des Theresianu­ms. Aber man kriegt das

Haus halt nicht weg. Das 1939 nach Plänen von Clemens Holzmeiste­r errichtete Gebäude steht unter Denkmalsch­utz. Jetzt baut die Rhomberg-Gruppe die Studios und Büros in der Argentinie­rstraße eben um, zu Luxuswohnu­ngen nämlich.

Bestimmt nicht, um die Radiomensc­hen zu ärgern, haben die Immobilien­entwickler ihr Projekt „On Air“genannt. Aber ein bisserl verhöhnt fühlen sich manche gewiss, dass ihnen an ihren letzten Tagen im alten Zuhause ein Werbebanne­r mit den Worten „Klangvoll leben am Funkhaus“ins Büro grinst.

Kleiner Trost: Das zukünftige Penthouse im alten Funkhaus um wohlfeile 3.800.000 Euro ist noch zu haben.

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