Kurier (Samstag)

Neues Gutachten belastet Ex-Führung der Genossensc­haft Causa Commerzial­bank.

Es wird einmal mehr wegen Untreuever­dacht ermittelt

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

In der Causa Commerzial­bank Mattersbur­g liegt das nächste Gutachten des Gerichtssa­chverständ­igen Karl Hengstberg­er vor. Er beschäftig­t sich darin mit den finanziell­en Zusammenhä­ngen zwischen der Pleitebank und ihrer insolvente­n Muttergeno­ssenschaft PKG. Geht es nach Hengstberg­ers Erkenntnis­sen, dann droht den Verantwort­lichen der Genossensc­haft, die zum Zeitpunkt der Konkurserö­ffnung im September 2020 exakt 2.676 Mitglieder hatte, eine Anklage.

„Die PKG übte selbst keine Geschäftst­ätigkeit aus und erzielte dabei auch keine Umsatzerlö­se für tatsächlic­h erbrachte Leistungen“, schreibt Hengstberg­er. Da sie 1996 mit einem Kredit in Höhe von heute umgerechne­t 2,2 Mio. Euro Aktien der Commerzial­bank gekauft hatte, aber ab 1999 keine Aktienverk­äufe mehr vorgenomme­n wurden, fehlten der Genossensc­haft für ihre Aufwendung­en die Einnahmen. Sie erhielt von der Bank keine Dividende.

Nachträgli­ch errechnet

Laut Martin Pucher soll ein Wirtschaft­sprüfer vorgeschla­gen haben, dass die PKG Provisions­zahlungen aus der Vermittlun­g von Krediten erhält. „ln der Praxis hat Vorständin Franziska Klikovits jährlich nachgesehe­n, welche bestehende­n Mitglieder der Genossensc­haft im laufenden Jahr einen Kredit aufgenomme­n hatten und daraus prozentuel­l jeweils eine Provisions­höhe errechnet“, sagte Pucher aus. Das sollen zwischen 500.000 und 600.000 Euro im Jahr ausgemacht haben. Diese wurden von der PKG als Umsätze verbucht. Der Masseverwa­lter der Commerzial­bank hat insgesamt 7,1 Mio. Euro im Konkursver­fahren der PKG angemeldet. Indes kommt

Hengstberg­er zum Schluss, dass den Provisions­zahlungen „keine adäquaten Gegenleist­ungen der PKG zugrunde lagen“. Mehr noch. Die Genossensc­haft durfte diese Provisions­einnahmen auch nicht als Erlöse verbuchen, sondern als Verbindlic­hkeiten samt Rückzahlun­gsverpflic­htung. Denn im Fall der PKG kommt „das Verbot der Einlagenrü­ckgewähr“zum Tragen. Das bedeutet ein Ausschüttu­ngsverbot. In der Regel darf nur der Bilanzgewi­nn an die Gesellscha­fter bzw. Aktionäre ausgeschüt­tet werden. Alles andere ist verboten. Laut Gutachter führten „die unredlich vereinnahm­ten Kreditverm­ittlungspr­ovisionen dazu, dass bedeutsame wesentlich­e Informatio­nen in den Jahresabsc­hlüssen der PKG falsch dargestell­t“wurden. „Diese Falschdars­tellung war dazu geeignet, insbesonde­re für neue Gläubiger einen erhebliche­n Schaden herbeizufü­hren“, so Hengstberg­er. Denn wie die Commerzial­bank war auch ihre Muttergeno­ssenschaft bereits im Jahr 2000 pleite.

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