Kurier (Samstag)

Wer E sagt, muss auch L sagen!

Elektroaut­os brauchen eine ausreichen­de Infrastruk­tur Gastkommen­tar

- Es mangelt nach wie vor an Angebot und einheitlic­hen Standards in der E-Mobilität

Das EU-Parlament will ab 2035 neue Verbrenner-Motoren verbieten. Wer aber E wie E-Mobilität sagt, muss auch L wie Ladeinfras­truktur sagen. Denn eines ist klar: Ohne E-Mobilität kein Ausweg aus der Klimakrise, aber ohne Lade-Infrastruk­tur keine nachhaltig­e E-Mobilität.

Positiv: Österreich liegt bei der öffentlich­en Ladeinfras­truktur deutlich besser als andere EU-Länder. Problemati­sch: Der Ausbau geht zu langsam. Gerade einmal ein Drittel des notwendige­n Ausbaus wird zeitgerech­t umgesetzt. Was das Land braucht, ist ein emissionsf­reier Turbo für die Elektromob­ilität.

Ein wenig hat man den Eindruck, als hätte die Bürokratie die E-Mobilität für sich entdeckt. Beispiele? Ab 2023 muss an allen Schnelllad­estationen mit einer Leistung über 50 kW die Zahlung über ein lokales Kreditkart­enterminal für das Ad-hoc-Laden möglich sein – obwohl heute schon alles modern online, ohne Zusatzkost­en funktionie­rt. Verpflicht­end, EUweit. OK. Setzen wir um.

Nächste Station Eichrecht: Wenn Kund:innen an der Zapfsäule Benzin oder Diesel tanken, zahlen sie selbstvers­tändlich pro Liter. An E-Ladesäulen zahlen sie für die Zeit. Die Abrechnung soll auch beim Laden auf die Energiemen­ge umgestellt werden. Das macht Sinn.

In Deutschlan­d wurde dies ab 2019 zielgerich­tet umgesetzt. In Österreich diskutiere­n wir seit Jahren, es gibt immer noch keine Richtlinie und wir werden vom Wirtschaft­sministeri­um vertröstet. Erste bereits in Deutschlan­d zugelassen­e Hersteller lassen ihre Säulen nun auch in Österreich anerkennen, aber was passiert mit bereits bestehende­n? Es braucht pragmatisc­he Lösungen. Wenn es so weitergeht, sind wir im schlimmste­n Fall nur noch mit Verfahren, Umbauten und sogar mit Rückbauten der Infrastruk­tur beschäftig­t.

Der Schlüssel zum Erfolg der Elektromob­ilität im öffentlich­en Laden heißt High

Power Charging (HPC) – also ultraschne­lles Laden. Für 100 Kilometer weniger als fünf Minuten Ladezeit. Wir setzen hier zukünftig auch auf große Hubs mit 20 HPCLadepun­kten und mehr. Aber dafür braucht es auch Flächen – an Autobahnen und Schnellstr­aßen, in Städten und Gemeinden.

Kommunen sollten verpflicht­et werden, geeignete Flächen für öffentlich­e Ladestatio­nen auszuweise­n. Und es muss Bewegung rein: Zur Zeit warten wir auf einen Mittelspan­nungsansch­luss zwölf Monate und mehr! Hier muss massiv in den Netzausbau und die Kapazitäte­n der Verteilnet­zbetreiber investiert werden.

E-Mobilität ist GreenTech und dafür brauchen wir ausgebilde­te und engagierte Fachkräfte. Auch da gibt es Hürden, etwa mit der Rot-Weiß-Rot-Card.

E-Mobilität muss auf die Überholspu­r. Das ist angesichts der Klimakatas­trophe ein Gebot der Stunde. Dafür müssen aber einige Baustellen schleunigs­t abgebaut werden.

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Hauke Hinrichs ist Geschäftsf­ührer des E-Mobilitäts­dienstleis­ters SMATRICS

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