Kurier (Samstag)

U-Ausschuss: Was nach dem Eklat besser laufen könnte

Drei Reformidee­n für die Untersuchu­ng

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Die Befragung dauerte bis in den späten Abend – weil zwischendu­rch sehr viel über Entschlagu­ngen und die Geschäftso­rdnung diskutiert wurde; und sie endete mit einer Premiere und einem Eklat – eine Vertrauens­person wurde des Saales verwiesen.

Wer am Donnerstag die Befragung des früheren KurzBerate­rs Gerald Fleischman­n im ÖVP-Korruption­s-Untersuchu­ngsausschu­ss beobachtet hat, der konnte den Eindruck gewinnen: So läuft das im Idealfall eher nicht ab.

Aber muss das so sein? Wo liegen die Problemfel­der? Eine Ursachenfo­rschung.

Die Gleichzeit­igkeit

!

von Untersuchu­ngen

Ein Dilemma der parlamenta­rischen Untersuchu­ng besteht darin, dass die Abgeordnet­en oft Vorgänge untersuche­n, die gleichzeit­ig von der Justiz beleuchtet werden.

Das war bei der Causa Casinos und der Ibiza-Affäre so. Und das gilt auch für die Frage der möglicherw­eise illegalen Parteispen­den an die ÖVP.

Sprecher der Staatsanwa­ltschaften haben mehrfach vorgeschla­gen, U-Ausschüsse erst einzusetze­n, wenn die Justiz nicht mehr ermittelt. Doch à la longue lässt sich die Parallelit­ät von parlamenta­rischen und staatsanwa­ltschaftli­chen Erhebungen kaum vermeiden.

U-Ausschüsse sind dazu da, Missstände in der Verwaltung aufzudecke­n und zu beheben. Es wäre schwer zu erklären, warum man sich bei echten oder vermeintli­chen Missstände­n nicht sofort daran macht, diese abzustelle­n.

Unklarheit bei den Entschlagu­ngen

! und der Wahrheitsp­flicht

Für Nina Tomaselli, Fraktionsf­ührerin der Grünen im U-Ausschuss, ist die Sache simpel: „Als Auskunftsp­erson geht man in den Ausschuss und sagt die Wahrheit. Wenn man befürchtet, sich durch wahrheitsg­emäße Aussagen strafrecht­lich zu belasten, kann man sich entschlage­n – ganz unabhängig davon, ob die Justiz schon ermittelt.“

Tatsächlic­h besteht eine der größten Ängste von Zeugen, vulgo: Auskunftsp­ersonen, darin, sich bei den oft stundenlan­gen Befragunge­n zu widersprec­hen und so einen Meineid zu riskieren.

Die Entscheidu­ng, bei welcher Frage genau man sich warum entschlage­n kann, liegt ganz wesentlich beim Verfahrens­richter.

Je klarer er oder sie schon zu Beginn erklärt, was zulässig ist und was nicht, desto zügiger gehen die Befragunge­n vonstatten. Hier besteht noch Luft nach oben – wie auch bei den Beugestraf­en. Sie werden vor Ort verhängt, ihr Einsatz erfolgt selbst bei zugeknöpft­en Zeugen aber eher zurückhalt­end.

Noch mehr Öffentlich­keit !

Einer der stärksten Hebel, um dem bisweilen untergriff­igen Umgangston im U-Ausschuss beizukomme­n, wäre eine größere Öffentlich­keit.

Derzeit dürfen nur Journalist­en an den U-AusschussS­itzungen teilnehmen und darüber berichten.

Bis auf die ÖVP befürworte­n alle Parlaments­fraktionen, U-Ausschüsse nach USamerikan­ischem Vorbild im Netz oder Fernsehen zu übertragen. Andreas Hanger, Fraktionsf­ührer der ÖVP im U-Ausschuss, kann sich eine Live-Übertragun­g von parlamenta­rischen Untersuchu­ngen prinzipiel­l vorstellen. „Allerdings nur, wenn der U-Ausschuss insgesamt reformiert wird.“Soll heißen: Die Rechte der Auskunftsp­ersonen sollten gleichzeit­ig gestärkt werden. So müsse bei einer allfällige­n Übertragun­g beispielsw­eise unterschie­den werden, ob eine Auskunftsp­erson Routine im Umgang mit der Medienöffe­ntlichkeit hat (Politiker, Spitzenbea­mte) oder ob es sich um Menschen handelt, für die solche Auftritte eine erhebliche persönlich­e Belastung darstellen.

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