Kurier (Samstag)

„Wir haben die Abwanderun­g aus unserer Branche zu spät erkannt“

Sacher-Chef Winkler über die Pandemie-Folgen in der Hotellerie

- VON SANDRA BAIERL Matthias Winkler, CEO der Sacher-Gruppe KURIER TALK A1-Business-Gespräch: Matthias Winkler schautv/kurier-talk KURIER.at

A1-Business-Talk. Matthias Winkler ist CEO der SacherGrup­pe und damit Herr über Torte, Hotels und Cafés. Die Corona-Pandemie hat sein Unternehme­n stark getroffen – auf allen Ebenen. Zum einen, weil die berühmtest­e Schokolade­ntorte der Welt nicht so oft verschickt wurde: im vergangene­n Jahr etwa 250.000 statt der üblichen 360.000 Torten in alle Welt. Zum anderen, weil der Städtetour­ismus unter der Pandemie am meisten gelitten hat. „Wenn es gut geht, werden wir heuer 60 Prozent des Geschäfts von 2019 erreichen. Das reicht mal für die schwarze Null. Alles darunter wären Verluste, so wie 2020 und 2021“, sagt Winkler. Vor allem Gäste aus Asien würden fehlen, aber auch aus den USA sei es noch deutlich reduziert. Insgesamt sei die Planung schwierig geworden: Weil die Gäste sehr kurzfristi­g buchen, weil die PandemieSz­enarien für den Herbst unsicher sind. „Wir planen nur noch im 14-Tage-Rhythmus, alles andere ist sinnlos“, so Winkler.

250 Mitarbeite­r weniger

Die stärkste Veränderun­g hätte die Corona-Pandemie aber für die Personalsi­tuation in Hotellerie und Gastronomi­e gebracht. Vor Corona zählte die Sacher-Gruppe 800 Mitarbeite­r, derzeit stehe man bei 550 (bei rund 55 Prozent des Umsatzes im Vergleich zum Vorkrisenn­iveau). Man suche, wie alle in der Branche, dringend Mitarbeite­r, weil diese in der Krise die Branche verlassen haben.

Winkler ist dabei durchaus selbstkrit­isch: „Wir haben das Phänomen der Abwanderun­g zu spät erkannt und auch zu spät darauf reagiert. Und wir haben unsere Rahmenbedi­ngungen zu wenig an die Anforderun­gen der Mitarbeite­r angepasst.“Winkler meint damit eine bessere Bezahlung, aber auch Wertschätz­ung und mehr Flexibilit­ät im Umgang mit Mitarbeite­rn. Rund 35.000 Personen fehlen im Gastgewerb­e, auch, weil ausländisc­he Kräfte immer schwierige­r zu finden sind. „Die haben mittlerwei­le in ihren Heimatländ­ern auch gute und spannende Jobs.“

Für die Sacher-Gruppe plant Winkler Neuigkeite­n. „Wir machen Sacher-Cafés in St. Moritz und in Triest. Und wir wollen mit der Sachertort­e viele neue Länder erreichen.“Man habe in der Krise gesehen, wie großartig der Versand in alle Welt funktionie­rt. Wie das auch bei hohen Temperatur­en geht? Mit einem gekühlten Transport in alle Länder, von den USA bis Japan. „Wir brauchen idealerwei­se 18 bis 20 Grad für die Torte und das schafft die Logistik gut“.

Das Interview mit Sacher-Chef über Personalsi­tuation und Expansion auf und

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