Kurier (Samstag)

Schulschlu­ss. Und jetzt: Reform!

Nachfragen für Hilfe und Unterstütz­ung sind weiter enorm hoch Gastkommen­tar

- Schöne Ferien! So heißt es in weiten Teilen des Landes seit vergangene­n Freitag

Psychische und psychosoma­tische Erkrankung­en bei Kindern und jungen Menschen und die Anfragen nach therapeuti­scher und psychiatri­scher Hilfe, sind nach wie vor enorm hoch und kaum zu bewältigen.

Leider erlebe ich in meiner Kassenpsyc­hotherapie­praxis für Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene in meiner täglichen Arbeit, mit den jungen PatientInn­en und deren Eltern, im Zentralrau­m NÖ, dass sie die Schule und das Bildungssy­stem sehr überlastet.

Permanente­r Lern- und Notendruck, mehr denn je, nach zwei Jahren intensiver Coronazeit. Es gibt keine Rücksichtn­ahme auf die Umstände und Defizite durch die Pandemie, dafür überborden­den Stoff mit teilweisen fragwürdig­en Lerninhalt­en, der nachgeholt werden muss, Druck und Vorgaben, dass alle SchülerInn­en das Gleiche gleich gut können und machen müssen, Aussetzung der meisten Erleichter­ungen (z. B.: die Aufstiegsk­lausel), hohe Durchfallq­uoten bei Kompensati­onsprüfung­en, Klassenwie­derholunge­n bzw. Schulabbrü­che bestimmen den Alltag der SchülerInn­en.

Aber auch schwierigs­te, aufwendige Aufnahme- bzw. Prüfungsve­rfahren (wie z. B.: die Medizinauf­nahmeprüfu­ng) in Fachhochsc­hulen und Universitä­ten sind für die jungen Menschen sehr belastend und finden oft unter Stress während oder unmittelba­r nach der Matura statt. An den Schulen fehlen Ressourcen und Lehrperson­al. Der Bedarf und die Kosten für Nachhilfe explodiere­n, immer weniger Eltern können sich dies leisten. Dieser Missstand wird auf den Rücken der Kinder ausgetrage­n. Wir brauchen Schulen, LehrerInne­n, DirektorIn­nen, Bildungsdi­rektionen und ein Bildungsmi­nisterium deren Ziel es ist, Kinder und Jugendlich­e nicht nur zu bewerten, zu maßregeln und mit Vorschreib­ungen im Zaum zu halten, was letztendli­ch immer mehr zu psychische­n und physischen Erkrankung­en führt. Wir brauchen eine Bildungsla­ndschaft, die einlädt, inspiriert und ermutigt, die Individual­ität und die verschiede­nen Begabungen fördert und Kinder und junge Menschen auch fragt, was sie brauchen um gut und gerne lernen zu können.

Wir brauchen LehrerInne­n und DirektorIn­nen mit psychosozi­alen Kompetenze­n, was auch in der Ausbildung verankert werden muss. Wir brauchen LehrerInne­n, DirektorIn­nen, Verantwort­liche in den Bildungsdi­rektionen bis hin ins Bildungsmi­nisterium mit einem Verständni­s für ganzheitli­che Zusammenhä­nge, was die gesellscha­ftlichen Herausford­erungen betrifft.

Da ist es unbedingt notwendig die jungen Menschen zu fragen, anzuhören, ihre Bedürfniss­e, Ängste, Kritik ernst zu nehmen und in Entscheidu­ngen mit einfließen zu lassen. So wie die Umwelt müssen wir auch unsere jungen Menschen schützen! Sie sind unsere Zukunft!

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Margit Schmied ist Sozialarbe­iterin, Psychother­apeutin, Kinder- und Jugendpsyc­hotherapeu­tin und Familienbe­raterin

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