Kurier (Samstag)

Neues vom alten Cook

Abenteuer. Vor 250 Jahren brach der Entdecker James Cook zu seiner zweiten Expedition auf. Und unlängst tauchte sein lange verscholle­nes Schiff Endeavour wieder auf. Erinnerung­en an eine Seefahrerl­egende

- TEXT SUSANNE MAUTHNER-WEBER |NFOGRAF|K CHRISTA SCHIMPER

Von wegen Pionierlei­stung! Im späten 18. Jahrhunder­t war die Weltkugel schon etliche Male umsegelt worden – etwa im 16. Jahrhunder­t gleich zweimal vom spanischen Franziskan­ermönch Martín Ignacio de Loyola. William Dampier brachte es sogar auf drei Erdumrundu­ngen. Als 1771 ein Schiff mit Namen Endeavour aufbrach, war Dampier erst wenige Monat aus der Südsee zurück. Trotzdem sind nicht Loyola oder Dampier tief im kollektive­n Gedächtnis eingegrabe­n, sondern James Cook. Warum, darüber lässt sich nur spekuliere­n. Drei Expedition­en (siehe Grafik unten) machten den Briten weltberühm­t. Tausende Seiten Berichte und ebenso viele Gegenständ­e waren Ausbeute der Reisen des Mannes, der die erste Ahnung von Exotik nach Europa brachte. Dabei sah es für den kleinen James vorerst gar nicht nach großer Karriere aus: 1728 als Sohn eines Tagelöhner­s in Yorkshire/England geboren, wurde er mit 17 Lehrling in einer Gemischtwa­renhandlun­g. Mit 18 heuerte er auf einem Kohletrans­porter an. Später wechselte er als Matrose in die Royal Navy, denn nur der Dienst für die Krone ermöglicht­e sozialen Aufstieg. Er brachte sich selbst das Navigieren bei, wurde Steuermann und entwickelt­e enormes Talent als Kartograf. 1768 erhielt Cook das Kommando über die Endeavour. Eines der Motive für die Reise: Den sogenannte­n Venus-Transit auf Tahiti beobachten. Den wahren Zweck der Reise erfuhr James Cook erst auf See aus einem versiegelt­en Schreiben der Admiralitä­t. Die vermutete einen Kontinent tief im Süden und ordnete an: „Um den erwähnten Kontinent zu entdecken, sollen Sie südwärts fahren, bis Sie den 40. Grad südlicher Breite erreichen,esseidennS­iestoßenvo­rherauf den Kontinent.“Schon Aristotele­s hatte dort einen riesigen Südkontine­nt vermutet, einfach weil es – bei all den Kontinenta­lmassen im Norden – in sein Weltbild der Symmetrie passte.

Machtpolit­ik

Dem britischen Empire ging es schlicht um Machtpolit­ik: Was lagnäher,alsdasfern­eLandfürdi­e englische Krone zu sichern und zu verhindern, dass es sich Spanien oder Frankreich schnappen? Der Südkontine­nt wurde natürlich nicht gefunden. Dafür verfügte England fortan alleine über genaue Karten von Neuseeland und der Ostküste Australien­s. „Die Reise von James Cook bedeuteten für viele Inseln die erste Berührung mit Europäern“, sagt Reinhard Blumauer vom Weltmuseum. Dort lagert bis heute die zweitgrößt­e Cook-Sammlung der Welt. Und das ist den Habsburger­n geschuldet: 1806 wurde die Sammlung Cooks in London versteiger­t; über drei Monate hinweg – eine der größten Auktionen, die es je geben sollte. Für die Habsburger war Baron Leopold Fichtel dabei, der für das Naturalien-Kabinett des Kaisers einkaufen sollte. Weil er aber auch von den ethnografi­schen Gegenständ­en begeistert war, hielt er die Hand während der Auktion dauernd hoch. Und kehrte mit reicher Beute heim, die der Grundstock des Völkerkund­emuseums werden sollte. Der Großteil der Exponate stammt übrigens von der zweiten

Expedition, zu der Cook exakt vor 250

Jahren aufbrach.

Und natürlich von der dritten, von der die Seefahrerl­egende nicht zurückkehr­en sollte.

Als er 1779 auf Hawaii ermordet wurde, war auch seine legendäre Endeavour, ein „emotional aufgeladen­es Schiff“(©Blumauer) längst Geschichte. In den Wirren des amerikanis­chen Unabhängig­keitskrieg­es an der Ostküste versenkt, war sie lange verscholle­n. Doch im Februar 2022 verkündete­n australisc­he Marine-Experten, das Schiff sei endgültig im Hafen von Newport identifizi­ert worden. Damit sei der Verbleib eines der wichtigste­n und umstritten­sten Schiffe in der Geschichte geklärt (siehe Grafik unten).

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