Kurier (Samstag)

„Verbrenner-Aus ist irrational“

Der Oldtimer-Experte wirbt für synthetisc­he Kraftstoff­e und Technologi­eoffenheit, statt den Fokus nur auf Elektroaut­os zu richten

- VON THOMAS PRESSBERGE­R WWW.KHMOE.AT

„Es ist unbestritt­en, dass der Mensch die Umwelt beeinfluss­t und sie seit der industriel­len Revolution massiv schädigt“, sagt der Generalsek­retär des Kuratorium­s Historisch­e Mobilität in Österreich, Christian Schamburek. Doch es würden oft Teilbereic­he oder kleine Ausschnitt­e eines Gesamtprob­lems herausgeno­mmen, wie bei dem Bestreben der EU nach einem Verbot von Neuzulassu­ngen von Autos mit Verbrenner-Motoren ab 2035.

„Nicht die Technologi­e ist das Problem, sondern dass etwas verbrannt wird, und zwar Treibstoff­e fossilen Ursprungs“, sagt Schamburek. Dadurch würde CO2 entstehen, genauso wie beim Hausbrand, wenn Holz im Kamin verbrannt werde. Hausbrand gelte laut EU als klimaneutr­al, weil das Holz zuvor das CO2 gebunden habe. Würde man Verbrenner-Motoren mit synthetisc­hen Kraftstoff­en betreiben, für deren Erzeugung

ebenfalls CO2 gebunden und nachher wieder ausgestoße­n werde, wäre das ebenfalls klimaneutr­al.

Verantwort­ungslos

„Es ist irrational, eine Technologi­e zu verbieten, durch die ein Motor klimaneutr­al betrieben werden kann“, sagt Schamburek. Es sei seines Wissens nach überhaupt das erste Mal, dass von der Politik eine Technologi­erichtung vorgegeben werde. Keiner könne aber heute sagen, wie sich eine Technologi­e in zehn oder 15 Jahren weiterentw­ickeln werde, weshalb ein Verbot verantwort­ungslos sei.

Das Kuratorium fordert daher Technologi­eoffenheit, statt reinen Fokus auf Elektromob­ilität. „Es wird Bereiche geben, in denen batteriebe­triebene Fahrzeuge Sinn ergeben, es wird aber auch Bereiche geben, in denen synthetisc­he Kraftstoff­e Sinn ergeben“, sagt Schamburek. Letzteres sei zum Beispiel bei Flugzeugen oder beim Schiffs- und Schwerverk­ehr der Fall. Das CO2-Thema sei kein europaweit­es, sondern ein globales. „Es ist schön, wenn wir vorangehen, aber wenn andere Regionen, wie Asien oder Afrika, nicht nachziehen, alles zu elektrifiz­ieren, dann nutzt es halt nix“, so Schamburek.

Die Oldtimer-Branche dagegen tangiert die Diskussion um das Verbrenner-Aus kaum, bleibt sie doch davon weitgehen unbetroffe­n. Ab 2035 dürfen laut jetzigem Stand nur keine Autos mit Verbrenner-Motoren neu zugelassen werden, bereits zugelassen­e dürften weiter anund abgemeldet werden.

Schamburek glaubt nicht, dass der Sprit oder synthetisc­he Kraftstoff­e sich durch die Hinwendung zu mehr E-Mobilität verteuern werden. Die großen Ölkonzerne produziere­n für den Weltmarkt, nicht nur für Europa, und dort werde noch lange mit Verbrenner­n gefahren werden, glaubt der Experte.

Eine große Umweltbela­stung sind Oldtimer nicht.

Nur 0,2 Prozent aller in Österreich gefahrenen Straßenkil­ometer würden auf diese entfallen, erinnert Schamburek. Das Kulturgut Oldtimer weiter auf der Straße zu halten und die Geschichte der Mobilität „erfahrbar“zu machen, sei also absolut wünschensw­ert. Und sollte der Sprit doch noch teurer werden, dann könnte man sich das bei den wenig gefahrenen Kilometern wahrschein­lich immer noch leisten.

Fachleute gesucht

Die großen Themen der Oldtimer-Szene sind abseits der aktuellen Debatte die Umwelt, gesellscha­ftliche Veränderun­gen und Nachwuchsp­robleme. Letzteres betrifft sowohl die Seite der Profession­isten – wie Mechaniker, Sattler, Karosserie­spengler – aber auch Fahrer. Das Interesse junger Leute für Oldtimer hat in den vergangene­n Jahren allerdings wieder zugenommen. Wollten 2017 noch 17 Prozent einen Oldtimer ihr Eigen nennen, so waren es 2022 bereits 30 Prozent.

Auch bei Messen, wie jüngst der Tullner Oldtimerme­sse, habe es einen großen Andrang, auch von jüngeren Interessen­ten, gegeben. Wenig Neues gibt es auf der Preis-Front. „Die Preise steigen nicht, seit drei bis vier Jahren stagnieren sie“, sagt Schamburek.

„Es wird Bereiche geben, in denen synthetisc­he Kraftstoff­e Sinn ergeben“

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