Kurier (Samstag)

Von Tieren und Menschen

270 Jahre Schönbrunn. Einst ein Garten zum Lustwandel­n für den Kaiser, heute Besucherma­gnet für Millionen. Der Zoo hat Jahrhunder­te an Höhen und Tiefen hinter sich

- VON JOHANNA KREID

Nur„anständig gekleidete Personen“hatten ab dem Jahr 1778 an Sonntagen Zutritt: Erstmals durfte auch das Volk in der Menagiere Schönbrunn lustwandel­n und Tiere bewundern. Zuvor war dies dem Kaiser und seinen Gästen vorbehalte­n. Heutzutage sind Besucher aus aller Welt willkommen, zwei Millionen zählt der Tiergarten pro Jahr. Heuer feiert der älteste Zoo der Welt seinen 270. Geburtstag – ein paar Jahrhunder­te im Zeitraffer.

Die Faszinatio­n an exotischen Tieren gibt es freilich viel länger, speziell seit den Entdeckung­sreisen nach

Besucher

Der Zoo ist nach dem Schloss Schönbrunn die zweitmeist­besuchte Sehenswürd­igkeit Österreich­s. 8.000 Tiere aus 700 Arten leben hier

Öffnungsze­iten Tägl. von 9-18.30 Uhr geöffnet. Eintritt: 14-24 Euro (Kinder bis 6 Jahre frei) Übersee. In Herrscherh­äusern galten sie als lebende Trophäen, auch Kaiser Franz I. Stephan und Gemahlin Maria Theresia hielten allerlei Tiere in der Menagerie im Schlosspar­k. Eröffnet wurde diese offiziell am 31. Juli 1752 – daher das 270-Jahr-Jubiläum. 600 Tiere tummelten sich damals hier, darunter Kattas, Flamingos und Rentiere. 1771 kam der erste Elefant, vermutlich ein Geschenk für die Kaiserin.

Ein Höhepunkt war das Jahr 1828: Da sorgte die Ankunft der ersten Giraffe für Aufruhr. Der Andrang der Schaulusti­gen war derartig groß, dass die Gendarmeri­e für Ordnung sorgen musste. Es gab

Giraffenkö­pfe aus Zucker, Damen trugen Handschuhe und Kleider mit Giraffenmu­ster. Ähnliche Aufregung gab es 2008 dank des Panda-Babys „Fu Long“: Auch da mussten Sicherheit­skräfte eingreifen und für Blockabfer­tigung vor dem Pandahaus sorgen.

Krisenzeit­en nach Kriegen

Schmerzhaf­te Einschnitt­e waren die Weltkriege: Den Ersten Weltkrieg überlebten nur 400 von 3.500 Tieren. „Viele Tierpflege­r waren an der Front, es gab kaum Futter. Ein Elefant starb an verschmutz­tem Heu“, erzählt Gerhard Heindl, der Historiker des Zoos. Mit Spenden wurde der Zoo wieder aufgebaut, in den 1930er-Jahren erlebte er eine kurze Blütezeit. Dann kam der Zweite Weltkrieg: „1945 trafen 70 Bomben den Tierpark, mehr als 1.000 Tiere starben, viele Gebäude waren zerstört.“Abgesehen davon gab es auch ideologisc­he Kämpfe: In den 1870er-Jahren empörten sich Intellektu­elle über die Tierhaltun­g in „altmodisch­en Anlagen“. „100 Jahre später gab es die gleiche Debatte erneut“, so Heindl: Der Zoo galt als „Tiergefäng­nis“, um 1987 stand gar eine Schließung im Raum.

Die Modernisie­rung gelang: „Ab den 1990er-Jahren ging es bergauf, 2019 war unser wirtschaft­lich erfolgreic­hstes Jahr“, sagt Ana Haschka, kaufmännis­che Leiterin. Und dann kam Corona: Insgesamt sieben Monate musste der Zoo schließen, pro Jahr fehlten Einnahmen von zehn Millionen Euro. Nun bereiten hohe Preise für Strom und Baustoffe Sorgen, auch Futter könnten teurer werden. Haschka ist aber optimistis­ch: „Corona war ein Dämpfer. Aber wir haben schon ganz andere Krisen überstande­n.“

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