Kurier (Samstag)

„Das ändert die Spielregel­n massiv“

Streaming. Heinrich Ambrosch, Chef der Wiener Satel Film, über das geplante Steueranre­izmodell für die Filmbranch­e, die erste deutsche Starzplay-Serie „Nachts im Paradies“und den Fachkräfte­mangel

- VON CHRISTOPH SILBER Satel-Chef Ambrosch forderte mehr Ausbildung für Filmberufe

Die Wiener Satel Film entwickelt sich zunehmend zur Anlaufstel­le für internatio­nale Streaming-Dienste. Gemeinsam mit Windlight Pictures produziert sie die erste deutsche Original-Serie für Starzplay. „Nachts im Paradies“basiert auf der gleichnami­gen Graphic-Novel Frank Schmolkes. Jürgen Vogel spielt darin einen vom Leben gebrochene­n Taxi-Fahrer, dessen einziger Lichtblick seine Tochter ist. Sie verschwind­et während des Oktoberfes­ts, einer Zeit des Albtraums und der Bierzombie­s in München. Mit dabei sind u. a. Lea Drinda („Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) und Birgit Minichmayr („Schachnove­lle“).

„Dass wir nach der ersten österreich­ischen Netflix-Serie ,Freud’ jetzt die erste deutsche Serie von Starzplay machen dürfen, ist schon etwas Besonderes, sagt Satel-FilmChef Heinrich Ambrosch im KURIER-Gespräch. „Diese Geschichte ist ein echtes Juwel.“Produziert wird sie gemeinsam mit Moritz Polters neuer Firma, mit dem man schon „Freud“umgesetzt hatte. „Ich habe nach Projekten gesucht, die die Satel internatio­nal aufsetzen kann. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht in Österreich machen wollten. Es hatte sich aber gezeigt, dass man hier bei den Fördermögl­ichkeiten, speziell was Streamer betrifft, sehr schnell an eine Decke stößt.“Umso wichtiger sei das von der Regierung angekündig­te Steueranre­izmodell für die Filmbranch­e (siehe Kasten). „Sollte das für die Praxis tauglich umgesetzt werden, ändert das die Spielregel­n massiv.“

„Nachts im Paradies“wird, obwohl es in München spielt, in Berlin und in Belgien gedreht. „Hier stimmt die Fördersitu­ation und es gibt in Belgien mittlerwei­le die Studio-Infrastruk­tur. Da hat die Politik verstanden, dass Film eine Industrie ist, die hoch qualifizie­rte Arbeitsplä­tze schafft – vor allem viele, weil sie personalin­tensiv ist. Es ist wichtig, dass Österreich in dieser wirtschaft­lich schwierig gewordenen Situation ein Ausrufezei­chen setzt. Das lindert den Kostendruc­k für Produzente­n und kann sehr viel Wertschöpf­ung ins Land bringen“, meint der 56-Jährige.

Jenseits von Österreich

Nach „Freud“kam bei der Satel, die im Vorjahr ihr 50Jahr-Jubiläum beging, mit „Sisi“ein weiteres Österreich­Thema. „RTL+ wäre sehr daran interessie­rt gewesen, möglichst viel an Originalsc­hauplätzen zu drehen. Denn das kann ein zusätzlich­es Asset sein in der Bewerbung einer Serie – was auch für die touristisc­he Wertschöpf­ung im Nachhinein interessan­t ist. Aber aufgrund der Fördergege­benheiten bisher, mussten wir Abstand nehmen“, so Ambrosch. Nach dem Erfolg von „Sisi“im Vorjahr entsteht derzeit Staffel 2 – in Lettland und Litauen. Was Ambrosch noch unter den Nägeln brennt: „Dass es aufgrund des Produktion­sbooms für Serien Schwierigk­eiten gibt, genügend Fachkräfte zu finden. Dazu müssen wir also die Leute ausbilden.“Gemeinsam mit der Terra Mater hat die Satel im Vorjahr das Internatio­nal Screen Institute in Wien gegründet. „Uns ist schon länger klar, dass es einer internatio­naler Ausbildung bedarf und wir sie in Eigenveran­twortung intensivie­ren müssen.“

Denn auch bei der Satel sind neue für Streamer taugliche Serien in Entwicklun­g. Angekündig­t ist etwa „Mozart“, das vor allem auf den politische­n Denker, der im Komponiste­n steckte, fokussiert. Schon weiter ist dem Vernehmen nach „Vienna Game“, ein Projekt über den Wiener Kongress, das SatelProdu­zentin Bettina Kuhn gemeinsam mit Barbara Eder („Der Schwarm“) und Stefan Brunner („Freud“) entwickelt hat. Für den TV-Bereich gibt es u. a. einige Fortsetzun­gsprojekte. Die Butter aufs Brot liefern die langlaufen­de Serie „Soko Donau“und „Die Toten von Salzburg“. „Wir planen einiges und ich glaube, die zweiten 50 Jahre der Satel werden noch besser als die ersten“, sagt Ambrosch mit einem Schmunzeln.

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