„Das ändert die Spielregeln massiv“
Streaming. Heinrich Ambrosch, Chef der Wiener Satel Film, über das geplante Steueranreizmodell für die Filmbranche, die erste deutsche Starzplay-Serie „Nachts im Paradies“und den Fachkräftemangel
Die Wiener Satel Film entwickelt sich zunehmend zur Anlaufstelle für internationale Streaming-Dienste. Gemeinsam mit Windlight Pictures produziert sie die erste deutsche Original-Serie für Starzplay. „Nachts im Paradies“basiert auf der gleichnamigen Graphic-Novel Frank Schmolkes. Jürgen Vogel spielt darin einen vom Leben gebrochenen Taxi-Fahrer, dessen einziger Lichtblick seine Tochter ist. Sie verschwindet während des Oktoberfests, einer Zeit des Albtraums und der Bierzombies in München. Mit dabei sind u. a. Lea Drinda („Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) und Birgit Minichmayr („Schachnovelle“).
„Dass wir nach der ersten österreichischen Netflix-Serie ,Freud’ jetzt die erste deutsche Serie von Starzplay machen dürfen, ist schon etwas Besonderes, sagt Satel-FilmChef Heinrich Ambrosch im KURIER-Gespräch. „Diese Geschichte ist ein echtes Juwel.“Produziert wird sie gemeinsam mit Moritz Polters neuer Firma, mit dem man schon „Freud“umgesetzt hatte. „Ich habe nach Projekten gesucht, die die Satel international aufsetzen kann. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht in Österreich machen wollten. Es hatte sich aber gezeigt, dass man hier bei den Fördermöglichkeiten, speziell was Streamer betrifft, sehr schnell an eine Decke stößt.“Umso wichtiger sei das von der Regierung angekündigte Steueranreizmodell für die Filmbranche (siehe Kasten). „Sollte das für die Praxis tauglich umgesetzt werden, ändert das die Spielregeln massiv.“
„Nachts im Paradies“wird, obwohl es in München spielt, in Berlin und in Belgien gedreht. „Hier stimmt die Fördersituation und es gibt in Belgien mittlerweile die Studio-Infrastruktur. Da hat die Politik verstanden, dass Film eine Industrie ist, die hoch qualifizierte Arbeitsplätze schafft – vor allem viele, weil sie personalintensiv ist. Es ist wichtig, dass Österreich in dieser wirtschaftlich schwierig gewordenen Situation ein Ausrufezeichen setzt. Das lindert den Kostendruck für Produzenten und kann sehr viel Wertschöpfung ins Land bringen“, meint der 56-Jährige.
Jenseits von Österreich
Nach „Freud“kam bei der Satel, die im Vorjahr ihr 50Jahr-Jubiläum beging, mit „Sisi“ein weiteres ÖsterreichThema. „RTL+ wäre sehr daran interessiert gewesen, möglichst viel an Originalschauplätzen zu drehen. Denn das kann ein zusätzliches Asset sein in der Bewerbung einer Serie – was auch für die touristische Wertschöpfung im Nachhinein interessant ist. Aber aufgrund der Fördergegebenheiten bisher, mussten wir Abstand nehmen“, so Ambrosch. Nach dem Erfolg von „Sisi“im Vorjahr entsteht derzeit Staffel 2 – in Lettland und Litauen. Was Ambrosch noch unter den Nägeln brennt: „Dass es aufgrund des Produktionsbooms für Serien Schwierigkeiten gibt, genügend Fachkräfte zu finden. Dazu müssen wir also die Leute ausbilden.“Gemeinsam mit der Terra Mater hat die Satel im Vorjahr das International Screen Institute in Wien gegründet. „Uns ist schon länger klar, dass es einer internationaler Ausbildung bedarf und wir sie in Eigenverantwortung intensivieren müssen.“
Denn auch bei der Satel sind neue für Streamer taugliche Serien in Entwicklung. Angekündigt ist etwa „Mozart“, das vor allem auf den politischen Denker, der im Komponisten steckte, fokussiert. Schon weiter ist dem Vernehmen nach „Vienna Game“, ein Projekt über den Wiener Kongress, das SatelProduzentin Bettina Kuhn gemeinsam mit Barbara Eder („Der Schwarm“) und Stefan Brunner („Freud“) entwickelt hat. Für den TV-Bereich gibt es u. a. einige Fortsetzungsprojekte. Die Butter aufs Brot liefern die langlaufende Serie „Soko Donau“und „Die Toten von Salzburg“. „Wir planen einiges und ich glaube, die zweiten 50 Jahre der Satel werden noch besser als die ersten“, sagt Ambrosch mit einem Schmunzeln.