ZUR PERSON Simon Schwarz
wurde 1971 in Wien geboren. Er wurde in Wien und Zürich in Ballett und zeitgenössischem Tanz ausgebildet. Bekannt geworden durch „Die Siebtelbauern“, seit 2000 in den Brenner-Filmen mit Josef Hader, seit 2013 in den Eberhofer-Krimis. Liiert mit Regisseurin Alexandra Makarová (eine Tochter), zwei weitere Kinder.
Ich habe drei Kinder. Zwei davon studieren. Wenn man sich ansieht, was WG-Zimmer heutzutage kosten, wäre das tatsächlich ein großes Glück.
Früher träumten Sie von einem Bauernhaus mit Alpakas davor.
Alpakas sind mittlerweile nicht mehr zwingend. Ein Bauernhaus wäre aber schön.
Wie sieht es damit aus?
Schlecht. Sehr schlecht. Ich warte mal, bis die Immobilienpreise wieder nach unten gehen. Wenn das denn je passiert.
Auch Ruhm soll glücklich machen. Etwas, das Sie der Nachwelt hinterlassen.
Es gibt da so etwas Ähnliches: den FranzEberhofer-Kreisel in Niederbayern. Ein Kreisverkehr, auf dem eine Art Denkmal von Sebastian und mir steht, ein Ding aus drei Zentimeter dickem Stahl, gut drei Meter hoch. Inzwischen haben sie dort einen Parkplatz dazugebaut, weil so viele Besucher kommen. Ich habe das selbst erlebt, einmal kam ein Reisebus aus dem Allgäu an, eine ganze Musikkapelle. Drei Mal war ich beim Kreisel, jedes Mal kommt es fast zu einem Verkehrschaos, weil die Leute im Kreisverkehr stehen bleiben, um schnell ein Bild zu machen. (lacht) Mir persönlich würde gefallen, wenn man die erste Rad-Autobahn durch Wien nach mir benennen würde. Das fände ich sehr nachhaltig, und meine ungeborenen Enkel wären stolz auf mich.
Sie sind einer der meistbeschäftigten Schauspieler im deutschsprachigen Raum. Ausgebildet wurden Sie allerdings als Balletttänzer. Was war der Plan?
Es steckte nicht wirklich ein Plan dahinter. Als ich ein Kind war, hat man ständig etwas gesucht, worin ich meinen Bewegungsdrang ausleben könne, so kam man auf den Tanz. Heute würde man sagen, ich litt unter ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Anm.), damals war man einfach ein Fratz, ein Problemkind, das sich nicht benehmen konnte. Dabei hat es ungeahnte Vorteile ADHSler zu sein, sie sind oft extrem kreativ, haben eine starke Vorstellungskraft, können viel schaffen, wenn sie wissen, wie man damit umgeht. Aber sonst |
freizeit.at
Dreamteam: Sebastian Bezzel als Polizist Eberhofer, Simon Schwarz als Rudi in der neuen Rita-Falk-Verfilmung „Guglhupfgeschwader“(ab 4.8. im Kino) habe ich nicht wirklich Bezug zum Tanz.
Als Schauspieler sind Sie im richtigen Beruf angekommen?
Ja, wobei ich die aktuelle Diskussion, ob jemand eine Rolle mit bestimmten Merkmalen nur spielen darf, wenn er ihre Merkmale tatsächlich aufweist, fatal finde.
Sie sprechen von der Identitätsund Inklusionsdebatte.
Ich sehe das als unfassbare Beschneidung meiner künstlerischen Freiheit und als Angriff auf den eigentlichen Sinn des Berufes. Denn der besteht für mich nicht darin, auf einer Bühne zu stehen oder in der Öffentlichkeit, ganz im Gegenteil. Ich habe überhaupt kein Interesse daran, vor Publikum zu stehen. Der Grund, warum ich Schauspieler bin, ist: Ich möchte nicht ich sein. Sondern jemand anderer. Das ist meine Motivation und mein Beruf. Und das ist auch eine Sucht.
Derzeit werden Fälle von Missbrauch in der österreichischen Filmszene gesammelt. Sind Sie je Zeuge davon geworden?
Ja. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand so etwas nie mitbekommen hat; es gibt noch viel mehr Vorfälle als jene, die jetzt hochkochen. Die Schauspielerei ist naturgemäß sehr anfällig dafür.
Wie meinen Sie das?
Demütigungen gehören zu diesem Beruf dazu, warum auch immer. Das wird einem schon in der Ausbildung beigebracht:
„Demütigungen gehören zu diesem Beruf, warum auch immer. Das wird einem schon in der Ausbildung beigebracht: Du wirst gedemütigt, nimm es hin.“
Schauspielerei ist ständige Demütigung; du wirst gedemütigt werden, das gehört so, also nimm das hin. Aber das stellt selbstverständlich keinen Freifahrtsschein für Machtmissbrauch dar. Ich glaube auch, je höher wir in die Hochkultur gehen und je näher wir den angeblich großen Künstlern kommen, desto schlimmer ist die Lage diesbezüglich.
Wie gehen Sie damit um, wenn Sie Machtmissbrauch beobachten?
Es gibt Regisseure, mit denen ich aus Gründen des Machtmissbrauchs, der am Set stattgefunden hat, nicht mehr arbeite. Ich führe auch eine Schwarze Liste, die ich vertraulich meiner Agentur übermittle, um Kolleginnen und Kollegen zu schützen. Möchte einer dieser Regisseure sie engagieren, macht meine Agentur sie auf meine Erfahrungen aufmerksam und sie können mich anrufen und erfahren, was vorgefallen ist.
War es hoch an der Zeit, dass die MeTooDebatte den heimischen Film erreicht?
Zeit ist es schon seit Jahren, überfällig ist es definitiv, dass das Thema auf den Tisch kommt. Schwierig finde ich unüberlegte, aus der Hüfte geschossene Kommentare dazu in den Sozialen Medien. Und dass ich Interviews zu dem Thema mit Leuten lese, die dazu lieber schweigen sollten, weil sie selbst nicht ganz sauber sind. Und noch etwas: Letztlich sind es die größten Sender in Österreich, die diesen Leuten immer noch die Regie übertragen. Große Institutionen agieren da manchmal sehr verlogen. Alles ist sehr miteinander verflochten. Und dadurch sehr kompliziert.