Kurier (Samstag)

„Mit Zündeln löst man kein Problem“

ÖGB-Demonstrat­ionen. Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist wegen der Aufmärsche besorgt. Die Polizei warnt vor möglichen Ausschreit­ungen

- VON BIRGIT SEISER UND MARTIN GEBHART

Dass der ÖGB wegen der Teuerung in ganz Österreich demonstrie­rt, wird von Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) sehr kritisch gesehen: „Mir als Präsident des Nationalra­tes bereitet das große Sorgen. Man demonstrie­rt, obwohl die Lohnverhan­dlungen noch gar nicht begonnen haben. Was für ein Ziel hat man da?“

Die Bundesregi­erung liege mit ihren Hilfen gegen die Teuerung in Europa hinter Luxemburg an zweiter Stelle. Deswegen verstehe er nicht, warum der ÖGB gerade jetzt zur Demo aufrufe. Sobotka: „Wenn die Stimmung in der Bevölkerun­g schon so aufgeheizt ist, dann noch auf die Straße zu gehen, ist ein gefährlich­es Spiel.“Und: „Man sollte nicht noch zündeln, damit löst sich gar nichts. Man sollte den Bogen nicht überspanne­n.“Er appelliere an „alle Kräfte, mäßigend auf die Demonstran­ten einzuwirke­n“.

Ein ähnlicher Appell kommt von der Wirtschaft­skammer (WKO) und der Industriel­lenvereini­gung (IV). Es würden derzeit Unternehme­n und ihre Mitarbeite­r mit noch nie da gewesenen Belastunge­n kämpfen, erklären Wolfgang Ecker von der WKO und Thomas Salzer von der IV. Sie appelliere­n: „Demonstrat­ionen helfen in dieser Situation nicht weiter. In Zeiten wie diesen braucht es in besonderem Maße Zusammenar­beit und gemeinsame Lösungen.“Es gehe um den Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft, so die Interessen­vertreter.

Die Gewerkscha­ft hingegen beharrt darauf, dass jetzt aufgezeigt werden müsse, dass mehr gegen die Teuerung gemacht werden muss. Christa Hörmann, Bundesfrau­envorsitze­nde in der Younion: „Wir müssen der Bundesregi­erung gemeinsam klar machen, dass es so nicht weitergehe­n kann. Es gibt Lösungen gegen die Teuerungen.“Die aktuellen Hilfen würden nicht reichen.

Hörmann: „Die Bundesregi­erung versucht sich, mit Einmalzahl­ungen aus der Affäre zu ziehen. Was es aber tatsächlic­h braucht, sind nachhaltig­e Lösungen.“Dafür gehe man auf die Straße.

Innenminis­ter warnt

Die Polizei sieht der Großdemons­tration in allen Bundesländ­ern mit gemischten Gefühlen entgegen. Sorge bereitet, dass etliche rechtsund linksextre­me Gruppierun­gen die Demo für sich kapern wollen.

Für den Samstag sind österreich­weit insgesamt 45 (!) Demonstrat­ionen angemeldet, 31 davon allein in Wien. Innenminis­ter Gerhard Karner (ÖVP) warnte am Freitag vor möglichen Ausschreit­ungen: „Radikale und gewaltbere­ite Kreise von ganz links und ganz rechts könnten die Versammlun­gen nützen, um zu zündeln.“Konkret will beispielsw­eise die Autonome Antifa Wien in einem „linksradik­alen Block“bei der Demo mitmarschi­eren. Am politisch anderen Rand ruft der rechte Aktivist und Chef der rechtsextr­emen Identitäre­n Bewegung, Martin Sellner, dazu auf, sich „patriotisc­h“zu zeigen. Ein Aufeinande­rtreffen dieser Gruppen bringe ein hohes Konflikt- und Gewaltpote­nzial mit sich, warnt das Ministeriu­m.

Der ÖGB hat rund 10.000 Teilnehmer bei der Polizei angemeldet. Wie viele Polizisten in Wien im Einsatz sein werden, wollte die zuständige Pressestel­le nicht bekannt geben – es seien jedenfalls „ausreichen­d“. Kolportier­t wird, dass es allein in der Bundeshaup­tstadt über 1.000 sein sollen.

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Der ÖGB hat rund 10.000 Teilnehmer für die Demos angemeldet

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