Kurier (Samstag)

Flüchtling­e aus Mexiko wurden auf Martha’s Vineyard „abgeladen“

Floridas Gouverneur Ron DeSantis und andere schicken Flüchtling­e in demokratis­ch regierte Bundesstaa­ten

- DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

USA. Auf Martha’s Vineyard, wo die Reichen und Mächtigen von Ex-Präsident Obama bis zu den Milliardär­en der Wall Street ihre Landsitze haben, ist es mit der Nachsaison-Ruhe seit Donnerstag vorbei. Grund: staatlich veranlasst­er Asyl-Tourismus der besonderen Art.

Um seine tiefe Abneigung gegen die Einwanderu­ngspolitik von Präsident Joe Biden möglichst öffentlich­keitswirks­am zu transporti­eren, hat Floridas Gouverneur Ron DeSantis auf Kosten des Bundesstaa­tes 50 Armutsflüc­htlinge aus Texas auf die idyllische FerienInse­l im Atlantik vor Massachuse­tts fliegen lassen. Man könne dort besser für sie sorgen, ließ seine Sprecherin Fox News wissen.

Dem Sender wurden exklusiv Bilder der Überlandve­rschickung zur Verfügung gestellt. Sie katapultie­rt den potenziell­en Widersache­r von Donald Trump bei der republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idatur 2024 in den Mittelpunk­t des erbittert geführten Streits um die Lage an der Grenze zu Mexiko.

Pikant: Fast zeitgleich hielten in Washington DC vor dem Amtssitz von Vize-Präsidenti­n Kamala Harris Busse mit 100 Flüchtling­en aus Texas. Absender: der dortige Gouverneur Greg Abbott, ebenfalls Republikan­er. Seine Rechtferti­gung: „Wir schicken Migranten in ihren Hinterhof, damit die Biden-Regierung ihre Arbeit macht und die Grenze sichert.“

Zuletzt kamen täglich etwa 8.500 Menschen über den Grenzfluss Rio Grande. Schwerpunk­t ist die Region El Paso/Del Rio in Texas. Bis Ende September werden es binnen eines Jahres über zwei Millionen sein – ein Rekord. Die Hälfte davon wird von der Grenzpoliz­ei direkt nach Mexiko zurückgesc­hickt. Die anderen dürfen bis zur juristisch­en Erledigung der AsylGesuch­e, was Monate bis Jahre dauern kann, im Land bleiben, bei Verwandten andocken und nach Arbeit suchen.

Gegen dieses Modell laufen die Republikan­er Sturm, sie werfen Biden den Betrieb einer „offenen Grenze“vor. DeSantis, aber vor allem Abott und der Gouverneur von Arizona, Doug Doucey, hoffen deshalb auf die Wahlen im Kongress im November.

Es fehlen Quartiere

Abott und Doucey haben seit dem Frühjahr zusammen über 15.000 Flüchtling­e aus dem Süden in Bussen unangekünd­igt in demokratis­che Enklaven wie New York City, Washington DC und Chicago karren lassen, um – wie es dort heißt – „Chaos zu erzeugen und Ressentime­nts zu schüren“. In der Hauptstadt ließ Bürgermeis­ter Muriel Bowser schon eine Notlage ausrufen; es fehlen Unterbring­ungskapazi­täten.

Domingo Garcia, Präsident der „Liga der Vereinigte­n Latein-Amerikanis­chen Bürger“, hat für die Aktion auf Martha’s Vineyard und in Washington nur Empörung übrig: Flüchtling­e seien wie „menschlich­er Abfall“abgeladen worden. Das sei „unchristli­ch“und gehöre verboten.

Präsident Joe Biden erklärte, die Republikan­er missbrauch­ten Menschen als „Requisiten“und „Pfand“. Die Regierung lässt untersuche­n, ob DeSantis & Co. juristisch zu belangen sind. Den Flüchtling­en, die auf Martha’s Vineyard landeten, wurde zuvor in San Antonio, Texas, versproche­n, dass sie im Norden Unterkunft und Arbeitserl­aubnis bekommen. Kalifornie­ns demokratis­cher Gouverneur Gavin Newsom sieht darin Anzeichen von Betrug.

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Flüchtling­e sollen den Reichen die Stimmung auf der Ferieninse­l Martha’s Vineyard am Atlantik vermiesen

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