Federer schuf etwas, das selten ist in der Welt
Als ich die einzigartige Brillanz von Roger Federer zum ersten Mal erlebte, interessierte sich im Grunde kaum jemand für den Schweizer Tennisspieler. Es war im Oktober 1999 in der Wiener Stadthalle und Federer, damals 18 und die Nummer 1 der JuniorenWeltrangliste, war nicht mehr als ein zartes Versprechen.
Mit einem einzigen Schlag löste er dieses damals ein. Mehr noch: Er verzauberte damit. Ohne in den Archiven nachzusehen, hätte ich weder seinen damaligen Gegner (Vincent Spadea) noch den Ausgang des Matches (Federer gewann) wiedergeben können, aber diesen einen Schlag könnte ich bis heute in jedem Detail nachzeichnen (leider nicht nachspielen).
Es war ein unterschnittener Ball mit der Rückhand, ein Slice, der – Hobbyspieler wissen das – ungemein unscheinbar wirkt, aber unerhört schwierig auszuführen ist. Federer spielt(e) den Slice mit einer Leichtigkeit, aber gleichzeitig auch mit einer Schärfe, die unerreicht ist. Darin lag der Großteil seiner Faszination, die bisweilen zu einem Personenkult ausartete. Er vereinte Sport und Spiel auf so mühelose Art, dass sich selbst Schriftsteller, Musiker und Designer für seine Person interessierten. Weil er mit seinem Talent etwas schuf, das selten ist in dieser Welt: die Illusion der Perfektion.
Daran etwas ändern konnten zuletzt weder die Niederlagen (die sich häuften) noch das Auslöschen einiger seiner Bestmarken. Er behielt auch im Moment des Scheiterns stets die Fassung. Folgerichtig kommentierte die Gazzetta dello Sport: „Federer ist klassische Kunst: Er geht, aber bleibt trotzdem.“Tennis wird nicht schlechter werden ohne ihn, aber anders. Schlimm genug.