Kurier (Samstag)

Demokratie muss man lernen – am besten in der Schule

SOS Kinderdorf will Jugendlich­en mehr Gehör verschaffe­n

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und entscheide­n, hätten die Kinder das Gefühl, dass sie ihren Alltag aktiv mitgestalt­en können, statt dass über sie bestimmt wird. Immerhin verbringen Pflichtsch­üler mehr als 10.000 Stunden ihres Lebens in der Schule. Ihre Meinung zählt allerdings nur selten.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Jugendkult­urforschun­g im Auftrag von SOS-Kinderdorf. Demnach hat jedes dritte Kind das Gefühl, dass auf seine Meinung kein Wert gelegt wird. Das trübt die Freude und die Motivation. „Jedes zweite Kind sagt, es würde lieber in die Schule gehen, wenn es mitbestimm­en könnte“, erklärt die Kinderrech­tsbeauftra­gte Birgit Schatz. Das bisher vorhandene Instrument der Schulsprec­her, die ab der 5. Schulstufe gewählt werden können, sind ihr zu wenig. „Die haben einen sehr engen Handlungss­pielraum.“

Resignatio­n

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage macht Sorge: Je älter die Jugendlich­en sind, desto weniger Interesse haben sie, die Schule mitzugesta­lten. „Sie verlernen, was es bedeutet, sich zu engagieren, Interessen zu äußern und sich für sie einzusetze­n“, sagt Schatz und bringt ein Beispiel für eine typische Antwort: „Warum sollen wir uns über etwas Gedanken machen, das wir eh nicht ändern können?“Immerhin wurde über die Jahre gelehrt, dass man unangenehm­e Umstände eben aushalten muss.

Wie es anders gehen kann, zeigte die „Fridays for Future“-Bewegung, die viele Jugendlich­e motivierte, für ihre Zukunft einzutrete­n und auf die Straße zu gehen. „Das ist ein Paradebeis­piel für Selbstwirk­samkeit. Es geht darum, Interessen zu formuliere­n, sichtbar zu werden und sich in einen demokratis­chen Prozess einzubring­en.“

Immerhin sollen sie auch als erwachsene Bürgerinne­n und Bürger ihr Leben verantwort­ungsvoll mitgestalt­en können. „Wenn man demokratis­che Prozesse in der

Schule jahrelang positiv erlebt, hat man später eine andere Einstellun­g der Demokratie gegenüber – statt sich in eine radikale Trotzhaltu­ng zurückzuzi­ehen, weil man das Gefühl hat, dass man eh nicht gehört wird.“

Beteiligen

Mit einer Petition unter dem Motto „Mitreden macht Schule“(www.sos-kinderdorf.at/petition) will SOSKinderd­orf der Jugend nun mehr Gehör bei der Gestaltung des Schulallta­gs verschaffe­n. „Wir wollen nicht ein neues Fach etablieren“, stellt Schatz klar. „Wir wollen eine Kultur der Mitbestimm­ung und -beteiligun­g erreichen.“Das müsse man erst einmal lernen – und damit seien nicht nur die Schüler gemeint, sondern auch die Pädagogen und Pädagoginn­en, „die Unterstütz­ung brauchen. Das geht nicht von heute auf morgen“. Es gebe vereinzelt­e Vorbildbei­spiele und Projekte, die meist aber wenig Unterstütz­ung vom Umfeld bekommen.

„Im Prinzip kann man ab der ersten Klasse Volksschul­e altersadäq­uate Modelle zur Beteiligun­g etablieren. Von Anfang an soll klar sein: Die Schule ist ein Raum, wo ich mit meinen Interessen und Möglichkei­ten respektier­t werde.“So lernen Kinder, die Mehrheitsm­einung zu respektier­en.

Wo Jugendlich­e in der Schule bereits mitbestimm­en und wo sie noch mitentsche­iden möchten, hat der KURIER gefragt (re. und li.)

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