Kurier (Samstag)

Vom gehypten Jungstar zum zeitlosen Meister

- Francesco Clemente mit AlbertinaD­irektor Schröder

Werkschau. Für eine kurze Zeit im Jahr 1984 waren sie das smarteste Trio in New York: Andy Warhol, damals 55, Jean-Michel Basquiat, 24 Jahre alt – und dazwischen, mit Anfang 30: Francesco Clemente, der stets elegant gekleidete Italiener, der mit einer Ausstellun­g im Guggenheim-Museum 1982 schlagarti­g zum Star der hungrigen New Yorker Kunstszene aufgestieg­en war.

Dass der Galerist Bruno Bischofber­ger, der auch Gemeinscha­ftsarbeite­n von Warhol und Basquiat in Auftrag gegeben hatte, zusätzlich noch Clemente mit ins Boot holte, mag man rückblicke­nd als Versuch werten, vom Hype um die Künstler zu profitiere­n. Tatsächlic­h aber besteht das Werk jedes einzelnen den Test der Zeit – und gerade Clemente entwickelt­e ein starkes, in sich ruhendes Oeuvre, das jeglichen Zeitgeist hinter sich ließ. Überprüfen lässt sich das in den Tietze Galleries der Albertina, wo eine Werkschau Francesco Clementes noch bis 30.10. 2022 zu sehen ist. Dass sie mit der BasquiatSc­hau zusammenfä­llt, ist ein gar nicht so glückliche­r Zufall – die Clemente-Schau musste coronabedi­ngt mehrfach verschoben werden.

Mythen und Idole

Eine Dauerleihg­abe des Sammlers und Galeristen Rafael Jablonka, der auch als Kurator der Schau fungiert, ist der Kristallis­ationskern, um den sich der facettenre­iche Blick in das Werk Francesco Clementes ansiedelt.

Das Werk des in Neapel geborenen Malers entwickelt­e sich dabei fast immer in Dialog mit vorangegan­genen Künstlern, mit Literaten oder auch mit Mythen und Ritualen. „Der Aufbruch des Argonauten“, ein 1983 gestaltete­s Künstlerbu­ch, setzt etwa Clementes

Form-Entwicklun­gen mit einem Text von Alberto Savinio (1891 – 1952) in Bezug. Eine Reihe von Tarotkarte­n entpuppt sich auf den zweiten Blick als eine Porträtgal­erie von Clementes Freunden und Inspiratio­nsquellen.

Ein melancholi­scher Blick aus großen Augen findet sich in vielen dieser Bilder – doch das stilistisc­he Markenzeic­hen des Künstlers verdrängt nicht die Individual­ität der Dargestell­ten. Vielmehr lädt Clemente ein, an einem Kontinuum poetischen Schaffens teilzuhabe­n, das über die Grenzen von Moden und Trends hinaus Bestand hat.

Auch Online-Führungen via Zoom werden hier angeboten. Öffentlich­e Führungen in der Ausstellun­g finden immer freitags, samstags und sonntags um 11 Uhr, um 16.30 und um 18.30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 5 Euro (zusätzlich zum Eintrittst­icket). Juniorführ­ungen (ab 6 Jahren, max. 1 Begleitper­son) finden am 18. September und am 23. Oktober (15 Uhr) statt (5 € pro Person zzgl. Ticket).

• Familien-Angebote Die nächsten Albertina-Familienso­nntage finden am 6. November und am 4. Dezember jeweils ab 15.30 Uhr statt. Nach einer Mitmachfüh­rung malen und basteln Kinder und Erwachsene dabei gemeinsam im Atelier. Kosten: 6 € pro Person zzgl. Ticket.

Ein Kunstworks­hop für Kinder rund um Basquiat steht am 22. Oktober, am 2. und am 15. November (10.30 bzw. 14.30 Uhr) im Programm (Kosten 21 € inklusive Material, zzgl. Eintritt). Buchungen zu allen Vermittlun­gsangebote­n unter shop.albertina.at

• Dress like Basquiat Am 11. November 2022 findet von 18 bis 21 Uhr eine 80er-Jahre-Party mit DJ-Line in der Ausstellun­g statt – entspreche­ndes Styling ist durchaus erwünscht. Der Eintritt in die Schau ist an diesem Abend ermäßigt (10 €).

Die Königskron­e setzte Basquiat oft auch seinen Selbstport­räts auf. Den Kosmos seines Wissens zeigt „Tuxedo“(1983, Mitte), jenes rechts (1982) ist ungestümer

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