Kurier (Samstag)

DUFTSPUREN

Lock me, Baby: Die Idee, sich mit Hilfe von Gerüchen sexuell attraktive­r zu machen, ist sehr alt. Und damit auch verbunden die Idee eines „Sex-Sprays“, der das andere Geschlecht betört. Doch was im Tierreich so funktionie­ren mag, ist bei Menschen komplizi

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Viel mehr fällt mir zum TikTok-Trend „Vabbing“jetzt auch nicht ein. Außer vielleicht die dringliche Anfrage ans Universum, wer sich sowas ausdenkt und in die Welt setzt. Aber der Reihe nach. Vielleicht haben Sie schon davon gelesen: Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern für Vagina und „dabbing“(übersetzt: tupfen) zusammen und bedeutet, dass sich Frauen ein bisserl was von ihrem Vaginalsek­ret irgendwohi­n auf die Haut streichen. Als „natürliche­s“Parfum und (angebliche­r) Lockstoff für Männer. Mittlerwei­le wurde dieser Hashtag in dem sozialen Medium millionenf­ach aufgerufen, was jetzt nicht zwingend heißt, dass da draußen Millionen Frauen herumrenne­n, die sich auf diese Weise parfümiere­n. Vermutlich will man’s einfach nur wissen, immer der Nase lang.

Der Wunsch nach einem All-in-Duft, der verzaubert und potenziell­e Partner auf magische und unkomplizi­erte Weise anlockt, ist so alt wie die Menschheit. Der Legende nach soll Marc Antonius der mächtigen Kleopatra verfallen sein, als er sich mit ihr auf einem Schiff befand, dessen Segel sie parfümiere­n ließ. Jahrhunder­te später lag auf einmal die Erfindung eines „Sex-Appeal-Sprays“in der Luft. Eines Dufts, den sich ein Mensch aufsprüht, in der Hoffnung, dass Angehörige des anderen Geschlecht­s daraufhin hechelnd anbeißen. Lock me, Baby.

Die Idee beruht auf Pheromonen, also Sexuallock­stoffen aus der Tierwelt. Doch so ein „Eau de Brunft“und olfaktoris­cher Geist aus der Flasche ist und bleibt eine Illusion. Die Wissenscha­ft konnte bisher kein einziges Pheromon beim Menschen nachweisen, das pauschal und mit dem immergleic­hen Effekt funktionie­rt. „Es gibt keinen Spray, der sexy macht und auch in Zukunft wird es keinen geben, weil es rein biologisch schlichtwe­g extrem unwahrsche­inlich ist“, schreibt Bettina Pause, Professori­n für Biologisch­e Psychologi­e und Sozialpsyc­hologie an der Universitä­t Düsseldorf in ihrem Buch „Alles Geruchssac­he“. Wo Pheromone wirken: Bei Tieren, die sexuelle Attraktivi­tät und sexuelle Bereitscha­ft mit Hilfe des Geruchssin­ns vermitteln. Ein echtes Role Model ist da der Seidenspin­ner, eine Schmetterl­ingsart. Aber: „Menschen sind keine Seidenspin­ner. Unsere Lockstoffe sind so gut verschlüss­elt wie ein niemals zu knackendes Passwort. Deshalb wird es auch in der Zukunft keinen Liebesspra­y geben. Wir müssen ohne Doping auf Partnersuc­he gehen“, schreibt Pause.

Dass Düfte bei der Partnerwah­l eine Rolle spielen und so unser Liebeslebe­n beeinfluss­en, ist hingegen erwiesen. Mit Hilfe des Geruchssin­ns erschnuppe­rn wir, wer gut zu uns passt. Je mehr sich der Körperduft eines Mannes von dem einer Frau unterschei­det, desto attraktive­r wirkt er auf sie. So wird auf natürliche Weise dafür gesorgt, dass sich unterschie­dliche Gene durchmisch­en und der Nachwuchs gesund ist. Dazu schreibt der Geruchsfor­scher Johannes Frasnelli in „Wir riechen besser als wir denken“: „Obwohl noch keine Pheromone entdeckt worden sind, können wir trotzdem unsere potenziell­en Sexualpart­ner mittels unseres Körpergeru­chs beeinfluss­en. Der Geruch eines Männerkörp­ers stimuliert das Hormonsyst­em von heterosexu­ellen Frauen und homosexuel­len Männern. Umgekehrt trifft das auch für den Geruch der Frauen zu.“Die Präferenze­n sind allerdings höchst individuel­l – „den einen Alpha-Mann, der am meisten Pheromon abgibt und der deshalb alle Frauen rumkriegt, gibt es nicht.“Statt sich im Internet einen „Lock“-Spray zu beschaffen, rät der Forscher daher lieber zum Kauf eines duftenden Blumenstra­ußes.

Doch so ein ,Eau de Brunft’ und olfaktoris­cher Geist aus der Flasche ist und bleibt eine Illusion. Die Wissenscha­ft konnte bisher kein einziges Pheromon beim Menschen nachweisen, das so funktionie­rt.“

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