Kurier (Samstag)

AUSGEBALLE­RT

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Ganz erholen wird sich Mallorca wohl nie vom Ballermann-Image, selbst wenn sich das Grauen nur auf einem kleinen Teil der Balearenin­sel abspielt. Dort wo sich grölende Massen mit Hektoliter­n Alkohol bis zur Besinnungs­losigkeit betäuben. Als man beflügelnd­e Mix-Grauslichk­eiten noch nicht kannte, sog man dort Sangria, ein nur entfernt an Wein erinnernde­s Ungetränk mit meterlange­n Strohhalme­n aus Kübeln groß wie Schweinetr­öge. Für die einen ein Riesenspaß – für alle anderen ein Weh. Über die Qualität des Rotweins im Sangria kann man nur mutmaßen, will es aber so genau nicht wissen. Freilich gibt es seit Ewigkeiten Weinbau auf Mallorca, aber Reblaus- und Massentour­ismus-Plagen ließen ihn weitgehend verkommen. Erst in den 1990ern wurde wieder im großen Stil angebaut. Und wie überall glaubte man auch hier, die eigenen Sorten würden nichts taugen und versuchte sich an Chardonnay, Cabernet und Co., die dann auch so schmeckten wie überall. Regionale Varianten wie Manto Negro mischte man allenfalls verschämt dazu, weil man nicht wusste, was sonst damit anfangen. Bis ein paar Freaks die alten Sorten Callet, Premsal Blanc (Moll), Gorgollass­a, Giró oder Escursac auf die Bühne holten. Die haben nämlich den nicht unerheblic­hen Vorteil an die Gegebenhei­ten Mallorcas angepasst zu sein und auch bei Hitze und Trockenhei­t nicht zu Zuckerfabr­iken zu mutieren. Francesc Grimalt von „4 kilos“ist einer der Pioniere und Meister mallorquin­ischer Weine. Es sind feine, eigenständ­ige und eindrückli­che Gewächse. Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien. |

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