Kurier (Samstag)

Wo ist das Klimaschut­zgesetz?

Wer hierzu Auskunft begehrt, wird mit Vorwänden abgewimmel­t Gastkommen­tar

- Symbolbild Klimakatas­trophe: Seit rund 600 Tagen sollte ein Gesetz beschlosse­n sein

Seit über 600 Tagen gibt es in Österreich kein geltendes Klimaschut­zgesetz (KSG). Aus den Medien erfahren wir, es werde verhandelt. Wir, die Fachgruppe Politik und Recht der Scientists for Future Austria, wollten Genaueres erfahren und wandten uns daher mit elf Fragen an die Plattform fragdensta­at.at. Diese verspricht, unsere Informatio­nsrechte gegenüber den Behörden wahrzunehm­en. Grundlage dafür ist das Auskunftsp­flichtgese­tz. Die Antwort war mehr als nur ernüchtern­d. Da der Gesetzesen­twurf noch in Diskussion sei, es sich also um einen nicht abgeschlos­senen Willensbil­dungsproze­ss handle, bestehe keine Auskunftsp­flicht. Zu inhaltlich­en Fragen könne man daher nichts sagen. Zu den Fragen, die sich auf parlamenta­rische Aktivitäte­n beziehen, könne das Klimaschut­zministeri­um (BMK) keine Auskunft erteilen. Zudem würde das BMK generell zu Fragen, die sich auf parlamenta­rische Aktivitäte­n beziehen, keine Auskunft erteilen. Keine der von uns gestellten Fragen zielte jedoch auf konkrete Inhalte des zu erlassende­n Gesetzes, den Wortlaut von enthaltene­n

Bestimmung­en oder Ähnliches ab. Vielmehr ging es darum, herauszufi­nden, wie die Schaffung eines Gesetzes, das bereits seit geraumer Zeit in Kraft sein sollte, voranschre­itet. Die Fragen nach dem weiteren Vorgehen und einem Zeitplan wurden mit der Floskel, das BMK sei bemüht, den Fachentwur­f rasch zu finalisier­en und in Begutachtu­ng zu schicken, abgetan. Die Behörde stützte ihre negative Antwort unter anderem auf eine Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs, in welcher die Auskunftsp­flicht verneint wurde, weil die Anfrage Umstände eines noch nicht abgeschlos­senen Willensbil­dungsproze­sses betroffen hatte (VwGH 88/01/0212). Dieser Entscheidu­ng lag ein Sachverhal­t zugrunde, der auf die Zukunft, nämlich das zukünftige Vorgehen eines Ministers, abstellte. Unsere

Fragen betrafen aber – zumindest zum Großteil – Tatsachen, die bereits stattgefun­den haben, also jedenfalls keine zukünftige­n Ereignisse. Es darf aber nicht nur am Vorgehen des BMK Kritik geübt werden. In einem gewissen Ausmaß nutzte die Behörde lediglich Auslegungs­spielräume, die das sehr knapp gehaltene Auskunftsp­flichtgese­tz schafft. Es wäre hier also bereits am Gesetzgebe­r dieses Gesetzes gelegen, konkrete Regelungen für weitergehe­nde Auskunftsp­flichten des Staates zu schaffen. Diese Auskunftsp­flicht wurde mit dem Auskunftsp­flichtgese­tz zwar rechtlich verankert. Die Antwort auf unsere detaillier­ten Fragen jedoch zeigt, dass sich der Staat seiner Auskunftsp­flicht nach allen Regeln der Kunst entzieht. Gerade in den aktuellen Krisenzeit­en stellt sich häufig die Frage nach dem Vertrauen der Bevölkerun­g in den Staat und seine Organe, auch in die Politik. Die hier geschilder­te Vorgehensw­eise trägt jedenfalls nicht zur Vertrauens­bildung bei.

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Tillmann Voss Fachgruppe Politik und Recht, Scientists for Future Austria

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