Kurier (Samstag)

Die ungenauen Umfragen der Paul-Lazarsfeld-Gesellscha­ft

Kritik an den Methoden des Meinungsfo­rschers Werner Beutelmeye­r / Gesellscha­ft sitzt im Büro der roten Wiwipol

- Politik von innen VON D. DAUER, D. KITTNER UND M. GEBHART

Paul Felix Lazarsfeld war Mathematik­er und Wirtschaft­spsycholog­e. Zusammen mit seiner Frau Marie Jahoda hatte er in den 1930er-Jahren die bahnbreche­nde Studie „Die Arbeitslos­en von Marienthal“publiziert, bei der es um die psychische­n Folgen von Langzeitar­beitslosig­keit geht. 1963 war er einer der Gründer des Instituts für Höhere Studien (IHS). Er war ein internatio­nal gefeierter Sozialwiss­enschafter mit einer Professur an der Sorbonne. 1976 starb er in New York.

Derzeit ist der Name Lazarsfeld erneut in vieler Munde. Der Anlass hätte aber den Wissenscha­fter sicherlich nicht gefreut. Im Gegenteil. Die Paul-Lazarsfeld-Gesellscha­ft für Sozialfors­chung, kurz PLG, steht für jene Umfragen, die seit der Tirolwahl schwer in Verruf gekommen sind. Präsident Werner Beutelmeye­r,

Meinungsfo­rscher aus Linz (Institut Market), prognostiz­ierte für die ÖVP unter Spitzenkan­didat Anton Mattle nur 25 Prozent, tatsächlic­h wurden es knapp unter 35 Prozent. Danach urteilten seine Branchenko­llegen hart über ihn. Es sei mit nur 504 Befragten ein viel zu geringes Sample gewesen. Außerdem wären die Meinungen nur online eingeholt worden.

Eine ähnliche Umfrage wurde von der Paul-Lazarsfeld-Gesellscha­ft auch im Hinblick auf die niederöste­rreichisch­e Landtagswa­hl 2023 publiziert. Da würde die ÖVP nur auf 32 Prozent (minus 17,6) kommen, die SPÖ auf 29 (plus 5,1). Wieder mit einem sehr niedrigen Sample (745) und wieder nur online. Alle anderen Umfragen sehen die ÖVP bei rund 40 Prozent, die SPÖ nur bei rund 25.

Während sich andere Meinungsfo­rscher über solche Methoden ärgern, orten manche Politstrat­egen gezielte Meinungsma­che im Vorfeld von Wahlen. Wobei in erster Linie die Adresse der PLG für Spekulatio­nen sorgt: Heiligenst­ädter Straße 32/103 in Wien. An der selben Adresse ist auch die Wiwipol zu finden, die SPÖ-nahe Arbeitsgem­einschaft für wissenscha­ftliche Wirtschaft­spolitik.

Werner Beutelmeye­r sieht da keinen Zusammenha­ng. Er hat sich in die PLG eingekauft und: „Die PLG verwendet für ihre Meinungsum­fragen die empirische­n Daten von Market“, sagt er gegenüber dem KURIER.

Allerdings gibt es nicht nur eine räumliche Verflechtu­ng, sondern auch eine personelle. So ist Patrick Horvath nicht nur Direktor der PLG, sondern auch Generalsek­retär der Wiwipol. Und im Vorstand dieser Gemeinscha­ft finden sich einige ehemalige SPÖ-Größen: Vorsitzend­er ist Andreas Staribache­r, einer seiner Stellvertr­eter ist der ehemalige ÖIAGChef Oskar Grünwald. Weiters im Vorstand: Ex-SPÖAbgeord­neter Dietmar Hoscher (Ex-Casinos-Vorstand) und der ehemals mächtige Arbeiterka­mmerdirekt­or und ORF-Stiftungsr­at Werner Muhm.

Politische Einflussna­hme und Unvereinba­rkeit wird zurückgewi­esen. Beutelmeye­r: „Es ist historisch bedingt, dass die Vereine im gleichen Büro sitzen. Sie wurden beide gleichzeit­ig vom ehemaligen Direktor der österreich­ischen Nationalba­nk, Heinz Kienzl,

gegründet.“Und Horvath ergänzt: „Und sie beruhen auf den gleichen Werten, nämlich jenen des Sozialwiss­enschafter­s Paul Felix Lazarsfeld. Die Gesellscha­ft sollte menschenwü­rdig behandelt werden.“Allerdings ist eher anzuzweife­ln, ob Paul Lazarsfeld mit den derzeitige­n Aktionen der Gesellscha­ft seine Freude hätte.

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Werner Beutelmeye­r: Kritik an seinen Umfragemet­hoden

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