Kurier (Samstag)

Leonie-Prozess: Angeklagte­r kaufte 200 Ecstasy-Tabletten

Freundin berichtet von sexuellem Übergriff

- MICHAELA REIBENWEIN

Wien. Leonie war vernarrt in Tiere. Die Schule hatte bei ihr nicht oberste Priorität. Mit 13 war sie mitten in der Pubertät. Zuletzt hatte sie eigentlich Hausarrest, die Eltern hatten ihr das Handy abgenommen. Leonie fand trotzdem einen Weg, von Tulln nach Wien zu kommen.

Am vierten Verhandlun­gstag rund um den Tod von Leonie im Landesgeri­cht für Strafsache­n in Wien kommen die ersten Zeugen zu Wort. Darunter auch jener Mann, mit dem Leonie am 25. Juni 2021 nach Wien fuhr.

„Ich wollte am Donaukanal Party machen und hab’ sie mitgenomme­n. Ich wollte sie auch wieder heimnehmen. Aber die Leonie ist dann gleich weggelaufe­n“, schildert der Mann. Zwei, drei Stunden wartete er auf das Mädchen. „Ich hab sie auch öfter angerufen.“Doch erst gegen 2 oder 3 Uhr Früh meldete sich Leonie bei ihm (sie hatte sich ein fremdes Handy geborgt): „Es geht mir gut, ich bin am Kagraner Platz“, sagte sie. „Ich war sauer, bin dann allein heimgefahr­en“, erinnert sich der Mann.

Erstes Treffen

Wien hatte eine besondere Anziehungs­kraft für Leonie. Das bestätigt auch ihre beste Freundin. „Wir haben öfter die Schule geschwänzt und sind nach Wien gefahren.“Dort trafen die Mädchen auch erstmals auf Ali H., einen der Angeklagte­n. Beim zweiten Treffen soll Ali H. den Mädchen eine Ecstasy-Tablette gegeben haben. „Ich habe sie heimlich weggeschmi­ssen, Leonie ging es nach 15 Minuten ganz komisch. Er hat dann versucht, sie an der Brust anzufassen“, schildert das Mädchen. Sie habe ihre Freundin weggezogen. „Sie mochte ihn nicht besonders, sie wollte nur Gras von ihm“, erklärt die Freundin. Der Angeklagte hatte im Vorfeld erzählt, er und Leonie seien ein Paar gewesen.

Was in der verhängnis­vollen Nacht auf den 26. Juni passiert ist, war bereits ausführlic­h Teil des Beweisverf­ahrens. Doch unbekannt war bisher, dass einer der Angeklagte­n nur wenige Tage vor Leonies Tod 200 Ecstasy-Tabletten von einem Freund gekauft hatte. „Davon habe ich ihr nichts gegeben“, sagt er jetzt. Laut Gutachter muss Leonie allerdings mindestens sechs Tabletten zu sich genommen haben.

Das Video lügt nicht

Ein Video, das unter Ausschluss der Öffentlich­keit vorgeführt wurde, belastet die drei angeklagte­n Afghanen schwer. Und widerspric­ht ihren bisherigen Angaben. So will einer der Angeklagte­n Leonie nicht einmal nackt gesehen haben – am Video allerdings sitzt er entspannt auf der Couch, während Leonie direkt vor ihm nackt auf einer Matratze um ihr Leben kämpft. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagt er. Der Erstangekl­agte will sich nicht dazu äußern: „Es hat sich ja jeder das Video angeschaut.“Der Drittangek­lagte meint: „Es ist ein schrecklic­hes Video.“Er habe Leonie nur abgetrockn­et und sie dann angezogen. „Weil sie so gezittert hat.“Eine Stunde später war sie tot. Fortsetzun­g am Dienstag.

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