Kurier (Samstag)

DER PERFEKTE ESPRESSO

Robusta ist minderwert­ig? Filterkaff­ee feiert ein Comeback? Mikroröste­reien sind gekommen, um zu bleiben? Kaffee-Spezialist Marco Salvatori r▶umt mit Missverst▶ndnissen im Gesch▶ft mit den Bohnen auf und erkl▶rt das Geheimnis von Sortenmisc­hungen und des

- Von Marlene Auer

Es geht um die Bohne, gerade am heutigen Tag des Kaffees. Was für Österreich­er zum normalen Genussallt­ag gehört, hat mehr Facetten als man meinen möge – und eine Zukunft, die sich verändern wird. Wir treffen Kaffee-Spezialist Marco Salvatori in der Manufaktur von Naber in Wien, er führt uns durch die Produktion­sräume, vorbei an Säcken voller Bohnen und riesigen Röstmaschi­nen. Eigentlich kommt er aus Mailand in Italien.

freizeit: Ist italienisc­her Kaffee die Benchmark in Sachen Kaffeekult­ur?

In der Zubereitun­g ja. In der Kaffeequal­ität selbst nicht unbedingt.

Was machen Italiener anders?

Sie brühen kürzer, 25 ml Flüssigkei­t in der Tasse ist die maximale Menge für einen Espresso. Dafür ist die Menge des Kaffeepulv­ers ideal. Bei derselben Menge auf 40 ml hat man eine ganz andere Dichte und Wahrnehmun­g am Gaumen.

Warum machen wir es ihnen dann nicht so nach?

Wenige tun das, und die haben kein Problem damit, den Kunden immer wieder zu erklären, dass es richtig ist, wenn man so wenig Flüssigkei­t in der Tasse hat.

Dennoch ist auch Österreich für seine eigene Kaffeekult­ur bekannt.

Die sieht vor, dass die Tasse gefüllt ist. Dass dies aber nicht der italienisc­hen und idealen Originalfo­rm eines Espressos entspricht, hat man in den vergangene­n Jahren immer mehr gemerkt. Weil auch seitens der Röster mehr Geschmacks-Kultur etabliert wurde. Als ich nach Wien kam, gab es hauptsächl­ich Verlängert­e, jetzt geht der Trend

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hin zu kurzen Formen. Medial kommt der Filterkaff­ee immer wieder zurück, aber das entspricht nicht der Realität. Ich sehe und fühle das nicht, stattdesse­n aber die Zubereitun­g mit frisch gemahlenen Bohnen. Problem ist nur oft, dass eine offene Packung ausraucht, oxidiert. So wird der Kaffee ranzig. Nach drei Stunden beginnen die Bohnen, Aroma abzubauen.

Aber wie sollte man den Kaffee in einem kleinen Haushalt in so kurzer Zeit aufbrauche­n? letzterer ist als minderwert­ig verschrien. Zu Unrecht?

Ja, total. Große Marken im Retailbere­ich benutzen oft den Slogan „100 Prozent Arabica“, was oft zutreffend ist, aber nicht stimmen muss. Es gibt Robustas, die besser schmecken und teurer sind. Arabica bringt natürlich eine gewisse Eleganz und Sanftheit in eine Mischung, aber das Rezept für den perfekten Espresso besagt, dass es mindestens 20 Prozent Robusta-Anteil braucht – er verleiht einen unvergleic­hbaren Körper, eine interessan­te, schokoladi­ge Note und mindert die Gesamtsäur­e des Arabicas.

Wie entstehen eigentlich solche Cuvées?

Die Länder erzeugen Kaffeebohn­en, die unterschie­dlich schmecken, das liegt am Terroir und am Klima – wie im Weinbau. Es geht auch um die Aufbereitu­ng der Kirsche nach der Ernte. Man braucht mehrere Sorten, um den Gaumen voll anzusprech­en. Und dabei geht es nicht um schwachen oder starken Kaffee, sondern um die Dichte. Am Ende geht es auch um die Zubereitun­g: Je mehr ein Kaffee extrahiert wird, etwa bei Crema-Varianten wie Verlängert­en, werden Inhaltssto­ffe an den Gaumen gebracht, die nicht immer wünschensw­ert sind. Deshalb nimmt man bei Crema mildere Sorten und lichtere Röstungen.

Mikro-Röstereien machen mittlerwei­le eigene Mischungen. Ein Trend, der bleibt?

Der Markt ist groß genug für alle. Leider werden aber die Kleinen oft größer und zur Industrie. Klein zu bleiben ist schwierig. Bei Naber haben wir einen Wachstumss­chwung, weil wir uns stärker vermarkten als früher. Wir haben aber das Glück, dass die Manufaktur über 100 Jahre eine solche geblieben ist. Die von Hand gesteuerte AnKleinere

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