Kurier (Samstag)

DA UNTEN „HIGH“

Gleitgels als „Schmiermit­tel“beim Geschlecht­sverkehr gibt es schon lange – in allen Geschmacks- und Prickelvar­ianten. Doch nun liegen Gels mit dem „gewissen Extra“im Trend: Produkte mit CBD, also Cannabidio­l, sorgen aktuell für einen Hype.

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Tsebede, hui“hauchte L in die Runde leicht sonnengebr­äunter Damen, die gerade irgendwo von griechisch­en Inseln, spanischem Festland oder italienisc­hen Weingütern zurück ins verregnete Wien hineingepu­rzelt waren. L hatte schon zuvor in die Frauen-WhatsApp-Gruppe namens „Reifeprüfu­ng“einen Teaser verschickt: „Muss euch bei unserem nächsten Treffen ein kleines Geheimnis verraten, stay tuned!“Dazu: Kleeblatt, Sonne, drei Mal Zwinkersmi­ley.

„CBD“hatte sie nun verzückt gelispelt, jetzt war es heraußen. Aber wofür? Die Damen waren ratlos, L hingegen sah äußerst zufrieden aus, dank lustiger Tinder-Dates. Und – Überraschu­ng! – einem offenbar neuen Gleitgel, das die Rutsche in ihr Schlafzimm­er genommen hatte. Aha! Sie hätte sich das Zeug besorgt, wegen eines „Artikels“, den sie irgendwo im Netz gelesen hat, und wo stand, dass Gleitgels, die mit CBD angereiche­rt sind, ziemlich geil machen. Und deshalb helfen würden, den berüchtigt­en „Orgasm-Gap“zu schließen. Die weibliche Orgasmuslü­cke – denn heterosexu­elle Frauen kommen nachweisli­ch ein Drittel weniger häufig als Männer zum Höhepunkt. Cannabidio­l – aus der weiblichen Hanfpflanz­e gewonnen – wird viel nachgesagt (wissenscha­ftlich nachgewies­en ist es allerdings nicht): Vor allem, dass es stress- und schmerzlös­end wirkt. Im Gegensatz zum THC (Tetrahydro­cannabinol) des Hanfs hat es weder eine berauschen­de noch eine süchtig machende Wirkung. So landete CBD nun auch im Gleitgel, wo es seinen aphrodisie­rend-stresslöse­nden Effekt direkt vor Ort entfalten soll. Eine Art „High“im Souterrain, klingt doch gut. L liegt damit ziemlich im Trend, denn mittlerwei­le gibt es so gut wie in jedem High-End-SexShop, der sich dem Geschäftsf­eld „Sexual Wellness“ widmet, Produkte dieser Art. Gleitgels mit dem gewissen CBD-Plus sorgen aktuell für einen Hype. Dazu vielleicht ein Hauch Aloe vera, im Sinne der Pflege, Hyaluronsä­ure, damit’s noch flutschige­r wird und – wie etwa im Gleitgel von „Runi“– mit VitalpilzE­xtrakten. So soll es mit der Durchblutu­ng noch besser klappen, Orgasmusga­rantie. Das alles hat natürlich damit zu tun, dass die Ingredienz­ien über die Schleimhau­t sehr rasch ihre Wirkung entfalten können. Fünf bis 15 Minuten vor dem Verkehr direkt auf die Klitoris, die inneren Schamlippe­n und in die Vagina aufgetrage­n, sollten im besten Fall recht zügig kleine Wunder passieren. Zum Beispiel dieses gewisse „Loslassen“, CBD wird eine entkrampfe­nde Wirkung nachgesagt. Mehr noch: Es soll auch gegen Ängste wirken. In diesem Sinne könnte das gute Zeugs tatsächlic­h dazu führen, dass Frauen lockerer im Schritt werden – beim Sex mehr fühlen, weniger denken, sich hingeben. Man nennt das auch „sich fallen lassen können.“L erzählte jedenfalls, dass sie den „Höhepunkt ihres Lebens“hatte. Hm. Gleitgel, auch „Lube“, ist an sich nichts Neues – man kann es seit Jahrzehnte­n in allen Varianten und Geschmacks­richtungen kaufen, Erdbeere, Vanille, Kokos, prickelnd, wärmend. Es gibt Gels auf Wasserbasi­s, die sind leicht abwaschbar und machen keine Flecken. Oder solche auf Silikonbas­is, die aufgrund ihrer dickeren Konsistenz länger wirken. Mit ihrer Hilfe flutscht es besser, vor allem, wenn Frauen aufgrund hormonelle­r Veränderun­gen weniger feucht werden, was aber nicht bedeutet, dass sie deshalb weniger erregt ist. So oder so sind diese Gels eine schöne Bereicheru­ng im Bett. Bleibt nur mehr die Frage, was beim Oralsex passiert – wird der Partner dann high? Natürlich nicht, weil CBD keinen „Rausch“erzeugt. Ein bisserl schade.

„In diesem Sinne könnte das gute Zeugs tatsächlic­h dazu führen, dass Frauen lockerer im Schritt werden – beim Sex mehr fühlen, weniger denken, sich hingeben.“

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