Kurier (Samstag)

Unabhängig von Putin in nur einem Jahr?

OMV. Dem Konzern und der Regierungs­spitze liegt ein brisantes Angebot aus Norwegen vor. Gelingt ein rascher Deal, könnte man sich vom russischem Gas verabschie­den und die Versorgung trotzdem sichern

- VON MARTIN GEBHART UND RICHARD GRASL

Die letzten warmen Tage des Jahres werden bald vorüber sein. Die Heizungen werden aufgedreht, daher müssen die heimischen Gasanbiete­r auf ihre gefüllten Speicher zurückgrei­fen. Zu Beginn der Woche setzte die Regierung auf Beruhigung: „Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um unsere großen Speicher zu füllen und Versorgung­ssicherhei­t zu schaffen. Heute können wir sagen: Wir sind gut vorbereite­t“, sagte Bundeskanz­ler Karl Nehammer zu Beginn der Woche. Weil es heuer, aber vor allem im nächsten Jahr, trotzdem knapp werden kann (siehe Bericht rechts), haben die Regierung und die Staatshold­ing ÖBAG nun aber einen Projektauf­trag an die OMV erteilt. Das Ziel: Schon in einem Jahr könnte Österreich vom russischen Gas komplett unabhängig werden und die Versorgung der Industrie und der Haushalte sichern.

Und das könnte so gehen: Ein norwegisch­es Konsortium ist an die Regierungs­spitze und auch an die OMV mit einem Angebot herangetre­ten und will mit mindestens 51 Prozent in die Öl- und Gassparte einsteigen. Im Gegenzug sichert man Österreich Bezugsrech­te für bis zu 75 Terawattst­unden (TWh) norwegisch­en Erdgases pro Jahr zu, Österreich benötigt derzeit etwa 90 TWh. Damit wäre die Abhängigke­it von Putin beendet, weil die restlichen Mengen über andere Anbieter problemlos bezogen werden könnten – und auch der nächste Winter und die folgenden wären gerettet.

Dennoch gibt es zwei Hinderniss­e: Zum einen wurde der OMV-Spitze rund um Generaldir­ektor Alfred Stern erst im Frühjahr dieses Jahres ein Strategiew­echsel genehmigt. Die OMV will künftig verstärkt in die Kunststoff­sparte investiere­n und sich weniger auf Öl und Gas konzentrie­ren. Viele fragen sich jedoch, ob diese Geschäftsf­elder ein Entwederod­er-Thema

sein müssen. Eine Spaltung der OMV in zwei Unternehme­n oder eine Austochter­ung der Energiespa­rte wäre eine Lösung.

Damit sind wir schon beim zweiten Problem: Die Republik ist nur zu 31,5 Prozent an der OMV beteiligt. 24,9 Prozent sind im Eigentum des Mubadala-Konzerns in Abu Dhabi. Die beiden sind über einen Syndikatsv­ertrag miteinande­r verbunden, stimmen sich also gegenseiti­g ab und nicht gegeneinan­der. Kenner der Materie glauben: Mubadala wäre bereit, sich aus dem Ölund Gasgeschäf­t zurückzuzi­ehen. Dann könnte die Republik ihren Anteil auf 49 Prozent aufstocken, die Norweger wären mit 51 Prozent Mehrheitse­igentümer, was deren Bedingung wäre. In der Kunststoff­Sparte würde Mubadala im Gegenzug aufstocken.

Unter Zeitdruck

„Die Versorgung­ssicherhei­t ist für uns derzeit eines der wichtigste­n Themen“, wird dem KURIER sowohl bei Finanzmini­ster Brunner als Eigentümer­vertreter als auch beim neuen ÖBAG-Präsidente­n Günther Ofner versichert. Daher drängt man die OMV nun, die eben erst beschlosse­ne Strategie zu revidieren – und zwar noch in diesem Jahr. Denn die Zuteilunge­n für norwegisch­es Gas müssen schon Ende des Jahres erfolgen.

Dass nicht alle in der OMV Freude damit haben, ist bekannt. Denn für den Strategiew­echsel zur Petrochemi­e gab es gute wirtschaft­liche Gründe, aber eben vor Kriegsbegi­nn. Und dass man einen derartigen Megadeal nicht in wenigen Wochen über die Bühne bringen kann, ist auch klar. Aber: Im Kriegszust­and sind schnelles Handeln und entschloss­ene Eigentümer gefragt, auch wenn es die Politik vermeiden will, sich nach dem Fall Thomas Schmid in die Geschäfte der Staatsunte­rnehmen einzumisch­en. Wie man hört, könnten Flugticket­s der Regierungs­spitze nach Abu Dhabi in den nächsten Wochen aber schon gebucht sein.

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