Kurier (Samstag)

Ein Gaspreisde­ckel soll her – nur welcher?

EU-Gipfel in Prag findet noch keine Antwort, wie die Gaspreise gesenkt werden können. Vorschläge sollen in zwei Wochen kommen

- AUS PRAG I. STEINER-GASHI

„Wir müssen den Gaspreis in Europa nach unten bringen.“Mit diesem Vorstoß des lettischen Premiers Karins stimmten gestern beim EU-Gipfel in Prag alle Staats- und Regierungs­chefs überein. Die Frage blieb nur: Wie?

Ein Deckel auf die Gaspreise müsse her, fordert die Mehrheit der EU-Staaten. Selbst Österreich­s Kanzler Karl Nehammer und der deutsche Kanzler Olaf Scholz stemmen sich nun nicht mehr vehement dagegen. Das erste Problem, das auch in Prag nicht zu klären war: Um welchen Deckel geht es überhaupt? Verschiede­ne Begriffe schwirren im Raum. Einen Preisdecke­l nur auf russisches Gas lehnt die EU-Kommission ebenso ab wie Nehammer: Kremlherr Putin hatte in dem Fall angedroht, überhaupt kein Gas mehr nach Europa zu liefern. Für Österreich wäre dies verheerend. 15 der 27 EU-Staaten fordern, den Preis für Gas im Großhandel zu deckeln. Gasliefera­nten von außerhalb der EU könnten dann nur noch zu festgesetz­ten niedrigere­n Preisen verkaufen. Das käme den Gaskunden in Europa zugute. Das Problem dabei: Die Anbieter aus den USA, Katar, Algerien etc. könnten auf andere Kunden wie etwa China ausweichen, sofern diese mehr zahlen. Fatale Folge: In diesem Fall gäbe es nicht genug Gas für Europa.

Eine andere Möglichkei­t: Die Staaten deckeln den Preis für die Kunden und übernehmen die – enorme –

Differenz zum hohen Einkaufspr­eis. Deutschlan­d hat solch einen 200 Milliarden Euro schweren Gaspreisde­ckel angekündig­t – ein „Doppel-Wumms“, wie Kanzler Scholz sagte. Bei vielen Ländern sorgt dies für Ärger: Sie hätten nicht die Kraft, solche Schritte zu setzen, außerdem verzerre dieser gewaltige Kraftakt den Wettbewerb im EU-Binnenmark­t.

Noch mehr Schulden

Gefordert wird deshalb ein gemeinsame­r europäisch­er Preisdecke­l auf Gas: Dann würden alle Staaten gemeinsam dafür aufkommen. Das hieße aber möglicherw­eise erneut gemeinsam Schulden aufzunehme­n – ein absolutes No-Go für Deutschlan­d.

Was will Nehammer? Der österreich­ische Regierungs­chef will Stromprodu­zenten unterstütz­en, die auf Basis von Gas Strom erzeugen. Das Angebot an Gas dürfe aber insgesamt nicht knapper werden. Eine Möglichkei­t der EU sieht der Kanzler darin, mit Staaten wie Norwegen zu verhandeln, Gas zu einem festgelegt­en Preis einzukaufe­n.

Beschlüsse waren in Prag nicht vorgesehen. Die EUKommissi­on wurde beauftragt, in zwei Wochen Vorschläge zu präsentier­en.

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Nehammer im Gespräch mit Regierungs­chefin Callas (Estland)

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