Wie Biden mit Gnade für Kiffer um junge Wähler wirbt
Wahlkampf. US-Präsident kündigt Entkriminalisierung von Cannabis an Fakten
Einen Monat vor den Kongresswahlen herrscht heißer Wahlkampf in den USA: Während die Demokraten im Juni nach der umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zum Abtreibungsrecht in den Umfragen gut da standen, mobilisieren aktuell die Republikaner mit den Themen Verbrechensbekämpfung und Migration. Die Demokraten brauchen frischen Wind. Den verschafft ihnen Präsident Joe Biden, der die Flaute in den Umfragen mit einem alten Wahlversprechen bekämpfen will: der Entkriminalisierung von Marihuana.
Derzeit ist die Droge in den USA auf Bundesebene rechtlich gleichgesetzt mit Heroin; das will Biden ändern. Gleichzeitig verkündete er per Erlass eine Begnadigung aller Verurteilten, die wegen des einfachen Besitzes der Droge nach Bundesrecht schuldig gesprochen worden waren. Symbolisch ist das ein großer Schritt, faktisch hat
Der Gebrauch, Besitz und Verkauf von Cannabis ist in den USA durch Bundesrecht verboten, die rechtliche Auslegung fällt sehr unterschiedlich aus. In 19 der 50 Bundesstaaten sowie Washington D. C. ist etwa der Konsum als Genussmittel für Personen ab 21 Jahren legalisiert, in 37 Bundesstaaten der medizinische Gebrauch der US-Bürger sind laut Umfragen für eine Legalisierung als Genussmittel er aber nur geringe Auswirkungen: Denn die meisten Verurteilung gibt es derzeit auf Ebene der einzelnen US-Bundesstaaten. Für diese würde Bidens Erlass jedoch nicht gelten.
Nach Bundesrecht wurden zwischen 1992 und 2021 rund 6.500 Personen wegen Marihuana-Besitzes schuldig gesprochen; derzeit sei niemand in einem Bundesgefängnis wegen eines solchen Deliktes inhaftiert. Der Präsident appellierte an die Gouverneure, seinem Beispiel zu folgen, und betonte die langfristigen Folgen, die diese Verurteilungen und Prozesse nach sich ziehen würden, wie ein erschwerter Zugang zu Arbeitsplätzen, Wohnungen und Bildung.
Wahlzuckerl für die Jungen
Bidens Vorgehen, das er salopp per Videobotschaft verkündet hat, dürfte vor allem ein Ziel haben: Progressive und jüngere Wähler zur Urne zu bewegen. Sie gelten als notorisch schwer zu mobilisieren, vor allem bei
Zwischenwahlen. Gleichzeitig geben 43 Prozent der jungen Erwachsenen an, im vergangenen Jahr „Gras“geraucht zu haben – gegenüber 34 Prozent im Jahr 2016.
In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Gallup haben zuletzt sogar mehr junge Menschen angegeben, „Gras“zu konsumieren als Tabak. Der NGO American Civil Liberties Union zufolge werden in den USA dreimal so häufig Afroamerikaner wegen Marihuanabesitzes verhaftet wie weiße Bürger – obwohl diese ähnlich häufig kiffen. Bidens Vorgehen wird von Bürgerrechtlern als Zeichen gegen Rassismus im Polizeiwesen aufgefasst.
Wie die Republikaner auf dieses Anheizen des Wahlkampfes reagieren werden, ist noch nicht absehbar. Ex-Präsident Donald Trump gilt als Gegner der Cannabis-Legalisierung. Biden hat sein Motto für die nächsten Wochen unlängst bei einem Besuch in Florida verkündet: „No one fucks with a Biden.“