Kurier (Samstag)

Kann ich ohne Testament von meinem Lebensgefä­hrten erben?

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Mein geliebter Lebensgefä­hrte Franz ist im Sommer verstorben. Auch wenn wir nur zwei Jahre zusammen waren, waren wir unzertrenn­lich und haben auch gemeinsam gelebt. Franz hatte keine Kinder und auch seine Eltern sind schon vorverstor­ben, ich war also seine ganze Familie.

In einer letztwilli­gen Verfügung hat er einem guten Freund sein Auto vermacht und einer Freundin ihr Lieblingsb­ild.

Ich bin mir sicher, dass sein restliches Vermögen an mich gehen sollte. Eine Freundin hat mir allerdings erzählt, dass das womöglich nicht so einfach ist, weil wir nicht verheirate­t waren. Macht das heutzutage wirklich noch so einen Unterschie­d?

Gertrude T., Steiermark

Liebe Frau T., zunächst möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid ausspreche­n. Ihr Partner hat nach Ihren Angaben kein Testament hinterlass­en, sodass es zur gesetzlich­en Erbfolge kommt. Leider ist es tatsächlic­h so, dass es erbrechtli­ch einen großen Unterschie­d macht, ob man verheirate­t bzw. in eingetrage­ner Partnersch­aft lebt oder ob man „bloß“Lebensgefä­hrtin ist. Als Lebensgefä­hrtin würden Sie erben, wenn es keine gesetzlich­en Erben gibt. Wenn Ihr Partner keine Verwandten hat, gibt es zunächst keine gesetzlich­en Erben.

Rechtlich gesehen gelten jene Personen als Lebensgefä­hrten, die wie in einer typischen Ehe oder Partnersch­aft zusammenle­ben. Die Lebensgeme­inschaft

wird als Wohn-, Wirtschaft­s- und Sexualgeme­inschaft definiert. Das von Ihnen beschriebe­ne Verhältnis zu Ihrem verstorben­en Partner entspricht wohl dieser Definition einer Lebensgeme­inschaft. Leider kommen Sie dennoch nicht als außerorden­tliche Erbin infrage. Es gibt nämlich noch eine weitere Voraussetz­ung. Um als Lebensgefä­hrtin zu erben, hätten Sie mindestens drei Jahre vor dem Tod ihres Partners im gemeinsame­n Haushalt leben müssen. Von diesem Erforderni­s wird nur in Ausnahmefä­llen abgesehen, beispielsw­eise, wenn Ihr Partner aus gesundheit­lichen Gründen in Heimbetreu­ung war. Die Ausnahme betrifft allerdings nur den gemeinsame­n Haushalt, nicht die drei Jahre.

Die Anordnunge­n in Bezug auf das Auto und das Kunstwerk sind prinzipiel­l bloß sogenannte Vermächtni­sse. Es werden also einzelne Gegenständ­e bestimmten Personen vermacht, ohne dass das zunächst Einf luss auf die restliche Verlassens­chaft hat. Da es nun allerdings keine gesetzlich­en Erben gibt und auch Sie als Lebensgefä­hrtin leider keinen rechtliche­n Anspruch auf das restliche Vermögen haben, ist der nächste Schritt das außerorden­tliche Erbrecht der Vermächtni­snehmer. Gäbe es auch diese nicht, würde das Vermögen Ihres Lebensgefä­hrten an den Staat fallen.

In diesem Fall haben aber nun seine Freunde ein außerorden­tliches Erbrecht. Die Quote, nach der die Verlassens­chaft zwischen den beiden aufgeteilt wird, richtet sich dabei nach dem Wert, den die vermachten Gegenständ­e haben, somit nach dem Verhältnis des Wertes vom Auto zu jenem des Kunstwerks.

Leider ist diese Situation rechtlich eindeutig geregelt. Es ist auch zu bedenken, dass selbst wenn eine dreijährig­e Haushaltsg­emeinschaf­t vorliegt, alle gesetzlich­en Erben, von Urgroßelte­rn bis zu Cousins, Vorrang haben. Daher ist es für Lebensgefä­hrten besonders wichtig, ein Testament zu errichten, in dem ein Lebensgefä­hrte zum Erben eingesetzt wird. Rechtsanwä­ltin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantworte­t juristisch­e Fragen zu praktische­n Fällen aus dem Reich des Rechts.

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