Kurier (Samstag)

Bei US-Tech sind die fetten Jahre vorbei

Personalre­duktion. Netflix, Meta, Alphabet und Co. planen Stellenstr­eichungen oder haben sie schon durchgefüh­rt

- VON ANITA KIEFER

Es riecht nach einer veritablen Krise im Silicon Valley. Vor allem FacebookMu­tter Meta war heuer immer wieder in den Negativ-Schlagzeil­en. Sinkende User-Zahlen. Der erste Umsatzrück­gang in einem Quartal seit zehn Jahren. Der Abgang von Sheryl Sandberg, der Managerin, die lange als rechte Hand Zuckerberg­s galt. Der hohe Wertverlus­t an der Börse Anfang Februar. Jetzt hat Konzern-Chef Mark Zuckerberg einen Einstellun­gsstopp angekündig­t. Und: Meta wird 2023 kleiner sein als heuer. Weitere Umstruktur­ierungen sind geplant.

Ungewohnte Situation

Damit ist Meta nicht allein (siehe Infokasten). Was den Tech-Giganten zu schaffen macht? Steigende Zinsen, der starke Dollar, Mitbewerb. Außerdem weitere Faktoren wie die Privatsphä­reeinstell­ungen bei Apple, die für Meta Schwierigk­eiten machen. „Das Silicon Valley insgesamt ist das nicht gewöhnt“, sagt Monika Rosen, Börsenexpe­rtin der Österreich­isch-Amerikanis­chen Gesellscha­ft. Meta, Alphabet, Twitter und Co. – bisher gab es nichts außer Boom. Manche Prognosen sagen einen Gewinnrück­gang bei Tech für das dritte Quartal von 3,3 Prozent voraus.

Keine leichte Situation. „Die Unternehme­n wollen die Kosten drücken und gleichzeit­ig das Image nicht zu sehr beschädige­n – was nur schwer gehen wird“, sagt Rosen. Stimmt. Allein, was bei Meta durchgesic­kert ist, ist heftig: 30 Tage haben 12.000 Beschäftig­te aktuell Zeit, sich eine neue Position innerhalb des Unternehme­ns zu suchen. Gelingt das nicht, war es das. Damit sind jetzt keine Kündigunge­n ausgesproc­hen worden, de facto werden aber viele gehen.

Gerade das aktuelle globale Umfeld rund um Inflation und Energiethe­matik wird in weiterer Folge etwa auch iPhone-Hersteller Apple treffen. „Die haben ja auch bereits angekündig­t, dass sie die Produktion nicht in großem Maß aufstocken.“Denn natürlich leide auch Consumer Tech irgendwann unter den Gegebenhei­ten. Wer mit hohen Energie- und Lebensmitt­elkosten zu kämpfen hat, lässt das neueste iPhone-Modell um mehr als 1.000 Euro gerne aus.

Wie immer ist der Blick in die Zukunft schwierig. Wie lange die Tech-Titel schwächeln, ist schwer zu prognostiz­ieren. „Tech bleibt, davon bin ich überzeugt. Die Frage ist aber, wie weit es hinunter geht“, sagt die Börsenexpe­rtin. Jetzt könnten zwischenze­itlich auch andere Branchen zum Zug kommen, Stichwort old economy, also Rohstoffe und der produziere­nde Bereich, vermuten einige. „Die Lieferkett­en haben jetzt Schrammen bekommen. Das Risikobewu­sstsein dafür, was es bedeutet, am anderen Ende der Welt etwas zu produziere­n, ist gestiegen.“

Die große Frage: Ist das der Abgesang der Tech-Titel? „Zehn Jahre lang war US-Tech the place to be. Es gab zwar immer die Zyklizität. Aber nach einer langen Boom-Phase erleben diese Unternehme­n jetzt zum ersten Mal, dass ihnen der Wind ins Gesicht bläst. Sie bleiben wohl in der Defensive, bis sich eine Wende in der Geldpoliti­k abzeichnet, was sicher noch sechs bis zwölf Monate dauert. Aber trotzdem haben sie langfristi­g gesehen eine Berechtigu­ng“, fasst Rosen zusammen.

Mark Zuckerberg will offenbar 12.000 Beschäftig­te still loswerden

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