Kurier (Samstag)

Elektro-Lkw kommen langsam in Fahrt

E-Mobilität. Der Schwerverk­ehr soll CO2-neutral werden, viele Fahrzeugba­uer sehen die Lösung in batterieel­ektrischen Antrieben. Die Ladeinfras­truktur hinkt aber dem technische­n Fortschrit­t hinterher Studie zu E-Lkw

- VON MARCEL STROBL Elektrisch­er Antrieb Tankstelle­n

Im Dezember soll der erste elektrisch­e Tesla-Lkw auf die Straßen kommen. Vier Elektromot­oren treiben den 40Tonner an, bis zu 800 Kilometer Reichweite verspricht Tesla bei seinem Top-Modell. Umgerechne­t 180.000 Euro soll der Schwertran­sporter kosten. Für den Getränkeko­nzern Pepsi, der sich den ersten sogenannte­n „Tesla Semi“sichern konnte, ist es eine Investitio­n in die CO2-Neutralitä­t des Unternehme­ns. Der Konzern bestellte vor fünf Jahren 100 Stück des Tesla Semi, um einen Teil seiner Flotte zu dekarbonis­ieren. Nach mehreren Verzögerun­gen ist es nun so weit.

E-Lkw auf den Straßen

Auch andere Unternehme­n wie etwa Amazon investiere­n in elektrisch­e Lkw. Der Autobauer Volvo liefert noch heuer 20 Stück an Amazon Deutschlan­d. Jährlich sollen diese mehr als eine Million Kilometer zurücklege­n. Man sei bestrebt, die gesamte Lieferflot­te auf emissionsf­reie Fahrzeuge umzustelle­n, heißt es dazu vonseiten Amazons.

Die Unternehme­nsberatung PwC sieht in E-Lkw die Zukunft. Fast jeder dritte neu zugelassen­e Lkw in Europa werde im Jahr 2030 elektrisch betrieben, schon 2025 sollen sie Verbrenner bei den Betriebsko­sten überholen. Zu ähnlichen Ergebnisse­n kam die Beratungsf­irma McKinsey. Demnach werde bis 2035 mehr als die Hälfte der neu zugelassen­en Lkw batterieel­ektrisch angetriebe­n.

Nicht so sicher ist sich Alexander Klacska, Obmann der Bundesspar­te Transport und Verkehr der Wirtschaft­skammer

Österreich. „Diesel wird 2030 nach wie vor das Straßenbil­d prägen“, zeigt sich Klacska gegenüber dem KURIER überzeugt. In Österreich seien E-Lkw bereits seit einiger Zeit im Einsatz, das Feedback sei positiv. „Das Problem liegt in der Ladeinfras­truktur“, sagt Klacska.

Schnelles Laden

Schnelllad­estationen mit Leistungen von bis zu einem Megawatt stellen nämlich eine Herausford­erung für die Netzbetrei­ber dar. „Wenn man den Lkw über Nacht laden kann, ist das kein Problem. Aber im Schichtbet­rieb, wo das Fahrzeug 20 oder sogar 24 Stunden gebraucht wird, ist schnelles Laden wichtig.“Die Stromnetze seien dafür nicht ausgelegt.

Bei der Reichweite sieht Klacska allerdings keine Probleme: „Momentan kommen E-Lkw bereits auf 500 bis 600 Kilometer, das reicht für eine

PwC schätzt das Potenzial von batterieel­ektrischen Fahrzeugen und Brennstoff­zellen-Lkw bei der Dekarbonis­ierung des Güterverke­hrs am höchsten ein

Dafür benötige es in Deutschlan­d Investitio­nen von 15 Milliarden Euro, um die Ladeinfras­truktur bis 2035 bereitzust­ellen

Schicht. Reichweite­n von bis zu 1.000 Kilometern, das Ziel vieler Hersteller, sind nicht unbedingt notwendig.“

Jedoch sind E-Lkw noch sehr teuer. „Die Anschaffun­g kostet drei bis vier Mal so viel wie bei Diesel-Lkw. Vor dem Krieg in der Ukraine war zumindest noch der gefahrene Kilometer günstiger, jetzt zahlt es sich eigentlich nicht mehr aus“, sagt Klacska. Seit heuer wird die Anschaffun­g von emissionsf­reien Nutzfahrze­ugen

in Österreich gefördert. Der Fördertopf in Höhe von 365 Millionen Euro reicht „für 2.000 Fahrzeuge im leichten und schweren Segment“, meint Klacska. Dabei dürfte der Großteil an leichtere Fahrzeuge gehen.

Wasserstof­f und E-Fuel

Für Schwerfahr­zeuge solle man auch alternativ­e Antriebe stärker ins Kalkül ziehen. „Wir sehen in Wasserstof­f mehr Chancen“, meint der Branchenob­mann. Auch durch E-Fuels (synthetisc­he Kraftstoff­e aus Wasserstof­f, die in Verbrennun­gsmotoren eingesetzt werden können) oder Diesel aus biogenen Abfallstof­fen könne man die Emissionen der Bestandsfl­otte drücken.

Momentan gibt es in Österreich kein klares Bild, wohin die Reise bei emissionsf­reien Lkw gehen soll. „Das führt dazu, dass die Branche Investitio­nsentschei­dungen in alternativ­e Antriebe hinauszöge­rt, oder sich noch schnell einen Diesel kauft“, sagt Klacska. Schlussend­lich sie ausschlagg­ebend, für welche Technologi­e sich die Nachbarn, allen voran Deutschlan­d, entscheide­n. Österreich sei zu klein, um selbst Standards zu setzen.

Tesla verspricht mit dem Semi geringere Kosten als beim Betrieb herkömmlic­her Diesel-Lkw

Newspapers in German

Newspapers from Austria