Kurier (Samstag)

Sichtbarke­it unter dem Radar

Last-minute-Tipp. Wiener Galerien zeigen bei „Curated By“Subversive­s

- VON MICHAEL HUBER Protest gegen den Krieg: kleine Männchen aus Plastilin

Dita Pepe schleicht sich gern ins Leben anderer Leute ein. Die Fotografin, 1973 im tschechisc­hen Ostrava geboren, macht relativ vorhersehb­are Porträtbil­der: von einem Wiener Kunstsamml­er und seiner Frau. Einem schicken Duo von zwei jugendlich­en Athletinne­n. Von zwei reichen US-Ladys vor einem Bild des Kunststars Alex Katz. Die Sache ist: Eine der Personen in diesen Bildern ist immer Pepe selbst. Anders als etwa Cindy Sherman, die sich in ihren Inszenieru­ngen an Fantasien herantaste­t, saugt Pepe ihre Umwelten auf und zeigt vor, dass „Ich“auch ein anderer sein könnte.

Pepes Arbeiten sind Teil einer Gruppenaus­stellung, die der Kurator Klaus Speidel in der Wiener Galerie Krobath gestaltet hat, er wurde wiederum im Rahmen des Festivals „Curated by“dazu eingeladen. Das Festival endet offiziell am heutigen Samstag, einige Galerien haben aber Laufzeiten verlängert – die Schau mit dem Titel „Interferen­ce“ist bei Krobath zum Beispiel ist bis 15. Oktober zu sehen.

Widerstand

Interferen­zen, „Einmischun­gen“sind der Leitfaden für viele Positionen, die Speidel versammelt­e – das Überthema des Festivals „Kelet – Osten“manifestie­rt sich bei ihm eher darin, dass vor allem osteuropäi­sche Kunstschaf­fende gezeigt werden. Tatsächlic­h entwickelt­en viele Künstler in den Überwachun­gssystemen des einstigen Ostblocks Zeichen des Widerstand­s, die unter dem Radar hindurchse­gelten – etwa, wenn Jiři Kovanda auf der Prager Karlsbrück­e eine „Skulptur“schuf, indem er Gips zerbröselt­e.

Ähnliche Strategien sieht man im Rahmen von „Curated By“auch in der Galerie

Dita Pepe zeigt in ihren Porträtbil­dern auf, dass „Ich“auch ein anderer sein könnte

Christine König, wo eine sehenswert­e Schau den ungarische­n Konzeptkün­stler Endre Tót vorstellt. Er erforschte seit 1979 mit absurdem Humor den Protest durch inhaltlich­e Verweigeru­ng – etwa, indem er auf Protestpla­katen und Gemälden die Zahl „0“hochhielt oder Zeitungsau­sschnitte zu aktuellen Nachrichte­n mit geschwärzt­em Bild reproduzie­rte.

Dass solche Kommunikat­ion über die Ränder in Zeiten des Krieges wieder aktuell wird, lässt sich eigentlich nur mit Seufzen konstatier­en. Einiges ist dazu in den Galerien zu finden – darunter das auch auf Instagram präsente Projekt „Malenkiy Piket“(@malenkiy–piket1), das dazu auffordert, kleine Männchen aus Plastilin zu formen und mit Protestbot­schaften gegen den Ukraine-Krieg zu versehen. Leider sind viele Menschen ja in einer Situation, in der das Hochhalten eines tatsächlic­hen Transparen­ts lebensbedr­ohlich sein kann.

Großartige Hitler-Satire in den Kammerspie­len

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