Kein öffentliches Trump-Tribunal
USA. Der Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol hat den Ex-Präsidenten zwangsvorgeladen. Warum dieser trotzdem noch einmal davonkommen könnte
Es würde gewiss der TV-Quoten-Hit des Jahrzehnts in Amerika: Donald Trump zur besten Sendezeit. Live im Fragen-Gewitter des Untersuchungsausschusses zum Sturm aufs Kapitol in Washington vom 6. Jänner 2021.
Mit einer strafbewehrten Zwangsvorladung hat das parlamentarische Gremium (sieben Demokraten, zwei Republikaner) den ersten Schritt in diese Richtung getan. Einstimmig. Seit fast 50 Jahren (Richard Nixon) ist der Kongress keinem amtierenden oder ehemaligen USPräsidenten so brutal auf den Füßen gestanden.
Mob aufgehetzt
Man ist sich, so sagte die republikanische Vertreterin Liz Cheney, nach rund 1.000 Zeugenvernehmungen sicher: Trump war der Drehund Angelpunkt vor und während des blutigen Versuchs, die amerikanische Demokratie auszuhebeln und Joe Bidens Amtsantritt zu verhindern. Darum habe Trump einen militanten Mob aufgehetzt, den Kongress zu stürmen und die Zertifizierung des Biden-Sieges zu verhindern. Anhand von republikanischen Top-Funktionären und Vertretern der Trump-Regierung destillierte Cheney die Kern-Vorwürfe, zu denen der 76-Jährige persönlich und öffentlich gehört werden müsse: Trump habe bereits im Sommer 2020 den „vorsätzlichen Plan“gefasst, die Ergebnisse der Wahl im November anzugreifen, falls er nicht gewinne. Außerdem habe er schon kurz nach der Wahl gewusst, dass „er verloren hat und dass die Wahl nicht gestohlen war“. Trump habe die bewusste Entscheidung getroffen, die Gesetze für einen friedlichen Transfer der Macht zu ignorieren, die Wahl als manipuliert zu bezeichnen und im Amt zu bleiben.
Trump wusste im Vorfeld durch den Secret Service, dass am 6. Jänner bewaffnete Demonstranten eine gewalttätige Invasion des Kapitols anstrebten. „Ihr Plan ist es, wirklich Menschen zu töten“, schrieb ein Agent des Secret Service nach Weihnachten 2020 an die interne Hierarchie über das Geraune in rechtsradikalen Trump-Kreisen, „bitte nehmt diesen Hinweis ernst und ermittelt weiter.“
Bei dem Angriff auf die Herzkammer der US-Demokratie wurden 140 Beamte der Kapitolspolizei teils schwer verletzt. Es gab mehrere Tote, darunter auch eine Demonstrantin. Über 880 Aufrührer wurden seither verhaftet und angeklagt.
Kein Tribunal
Die Aussichten auf ein öffentliches Trump-Tribunal stehen allerdings schlecht. Gewinnen die Republikaner in knapp drei Wochen die Kongresswahlen, wird der UAusschuss im Jänner aufgelöst. Trump könnte die Zwangsvorladung also einfach aussitzen. Nach einem Statut von 1857 könnte er dafür mit Geld- und Haftstrafen behelligt werden. In USMedien hieß es, es sei schwer vorstellbar, dass der Ex-Präsident in Handschellen abgeführt wird.
Dass sich Trump hinter verschlossenen Türen vernehmen lässt, gilt ebenfalls als unwahrscheinlich. In der Zivilklage wegen Betruges in seinem Immobilien-Konzern durch die Staatsanwaltschaft in New York nahm Trump das Recht in Anspruch (5. Verfassungszusatz), sich nicht selber zu belasten.
Offen blieb in der vorläufig letzten Sitzung, ob der UAusschuss dem Justizministerium die Empfehlung geben wird, strafrechtlich gegen Trump vorzugehen.