Kurier (Samstag)

Österreich steigt in System der Boden-Luft-Raketen ein

Investitio­nsliste. Das Heer kehrt zum Kerngeschä­ft Landesvert­eidigung zurück

- VON ARMIN ARBEITER UND DANIELA KITTNER

Der russische Angriffskr­ieg gegen die Ukraine hat in der Verteidigu­ngspolitik für eine Kehrtwende gesorgt. Nicht mehr zivile Hilfsleist­ungen – „Assistenze­insätze“– stehen oben auf der Agenda des Bundesheer­es. Ab jetzt dominiert wieder das Kerngeschä­ft, die militärisc­he Landesvert­eidigung.

Da hat sich ein enormer Rückstau an Investitio­nen gebildet, der nun abzuarbeit­en ist. Die Basis dafür bildet ein neues Landesvert­eidigungsg­esetz, das gerade zur Beschlussf­assung im Parlament liegt.

Aus diesem Gesetz lässt sich ein Investitio­nsvolumen für das Heer von mehr als 16 Milliarden bis zum Jahr 2032 ableiten. Die wichtigste Neuerung, die damit finanziert werden soll, betrifft die Verteidigu­ng des Luftraums.

Das Verteidigu­ngsministe­rium will eine bodengebun­dene Luftabwehr mit mittlerer Reichweite bis 40 Kilometer aufbauen. Dazu soll Österreich in ein neues System einsteigen. Welches ist noch offen.

Immer wieder hört man in Bundesheer­kreisen die Bezeichnun­g „NASMAS“– ein modernes und mobiles System, das von der norwegisch­en Firma Kongsberg Defence & Aerospace sowie dem US-Unternehme­n Raytheon entwickelt wurde.

Mobiles Raketensys­tem

Derzeit sind einige dieser Systeme auf dem Weg in die Ukraine, sollen dort erheblich zur Flieger- und Raketenabw­ehr eingesetzt werden. Sollten NASMA-Systeme von Österreich angekauft werden, dürfte man allerdings auf die teure Raketenabw­ehr verzichten und sich rein auf die Abwehr von bemannten und unbemannte­n Luftfahrze­ugen konzentrie­ren. Drei Abschussvo­rrichtunge­n für insgesamt 18 Raketen sowie eine moderne Radarstati­on und ein Gerät zur Feuerkontr­olle – also ein NASMAS-Zug – kosten derzeit etwa 23 Millionen Euro, dazu dürfte noch ein Arsenal an eigenen Raketen kommen. Wie viele NASMA-Systeme man anschaffen will, ist nicht bekannt, allerdings soll das Paket zur Luftabwehr mehr als zwei Milliarden Euro kosten und damit zu den größten je getätigten Heeresansc­haffungen gehören.

Jedenfalls soll dieses Fliegerabw­ehrsystem mobil eingesetzt werden und z. B. die Airbase in Zeltweg oder internatio­nale Großverans­taltungen schützen.

Warum nur eine Flugzeugab­wehr und nicht auch eine Raketenabw­ehr?

NATO-Länder in der Nachbarsch­aft haben bereits einen Raketenabw­ehrschirm aufgespann­t. Dreizehn Länder (siehe Grafik) schicken sich an, diesen auszubauen, sodass feindliche Geschoße bis in eine Höhe von 2.400 Kilometer abgefangen werden können. Dieser Schirm ist für Österreich vorerst tabu, weil er unter NATO-Kommando steht.

Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass sich die EU in das Programm einklinkt, dann könnte Österreich mitmachen. Allerdings: Österreich profitiert von dem Schirm insofern, als Raketen nur aus dem Osten zu erwarten sind, wo sie ohnehin von den Nachbarn abgewehrt würden.

Liste der Investitio­nen

Die weiteren geplanten Investitio­nen sind: Für die Mobilität am Boden soll in Pandur Radpanzer, leichte Infanterie­fahrzeuge, Lkw, Tieflader, Pionier- und Bergepanze­r investiert werden. Zur Luftraumüb­erwachung werden die 15 Eurofighte­r aufgerüste­t, sodass sie auch in der Nacht sehen können. Die SAAB-105Flotte, die vor dem Geldregen ersatzlos ausgelaufe­n ist, soll nun doch ersetzt werden. Für die taktische Luftmobili­tät sind weitere S-70-Black-Hawk- und LeonardoAW-169-Hubschraub­er sowie ein Ersatz für die Transportf­lugzeuge Hercules C130 vorgesehen. Die 55.000

Soldaten sollen mit modernsten Nachtsicht­geräten, Schutzwest­en, nachgerüst­eten Sturmgeweh­ren und Funkgeräte­n ausgestatt­et werden. Die vorhandene­n Kampfpanze­r, 112 Ulan und 56 Leopard, werden fahrtüchti­g erhalten und nachgerüst­et, etwa mit einer 360-Grad-Rundumsich­t. Investiert wird auch in die Aufklärung, in Drohnen und Cyberaufkl­ärung. Schutz und Ausstattun­g der Kasernen werden verbessert.

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