Kurier (Samstag)

Das lange Warten auf die neue Heizung

Kesseltaus­ch. Vor allem jene, die mit Gas heizen, wollen zu Wärmepumpe oder Pelletshei­zung wechseln. Die Wartezeit: ein halbes Jahr. Dekarbonis­ierung beim Heizen ist bis 2040 laut Installate­uren realistisc­h

- VON ANITA KIEFER

„Ich bin seit 40 Jahren in der Branche. So etwas habe ich noch nie erlebt.“Manfred Denk fasst die Lage in seiner Branche in zwei kurzen Sätzen zusammen. Er ist Bundesinnu­ngsmeister der Sanitär-, Heizungsun­d Lüftungste­chniker. Die Auslastung der Installate­ursbetrieb­e in Österreich sei „sehr gut“. Für die aktuelle Heizsaison braucht man an einen Heizkessel­tausch ohnehin nicht mehr zu denken, Wartezeite­n bis zum Einbau aktuell: mindestens sechs Monate.

„Wir haben volle Auftragsbü­cher und kämpfen mit Problemen in der Lieferkett­e, die die Produktivi­tät hemmen“, sagt Denk im Gespräch mit dem KURIER. Teilweise würde nicht der gesamte Kessel von den Hersteller­n geliefert, einzelne Komponente­n würden fehlen. Das mache die Planung für die Installate­ursbetrieb­e schwierig, so Denk.

Probleme in Lieferkett­e

Das bestätigen zumindest zum Teil auch die Kesselprod­uzenten. Einige Wochen könne es je nach Modell schon dauern, wenn ein Kessel bei seinem Unternehme­n bestellt wird, sagt Ernst Hutterer, Chef des Produzente­n Fröling und stellvertr­etender Vorsitzend­er des VÖK, der Vereinigun­g Österreich­ischer Kessellief­eranten. Manche seien aber auch sofort verfügbar. Hutterer begründet diese Situation eben mit der Lieferkett­enthematik. „Elektronis­che Bauteile kommen aus Asien“, sagt er – daran könne man so rasch auch nichts ändern, „in Europa tut sich da wenig“.

Kurz gesagt: Man ist also auf die Lieferunge­n bei Elektronik-Komponente­n aus Asien angewiesen. Der Aufwand für sein Unternehme­n, die Teile rechtzeiti­g zu bekommen, sei ungleich höher als früher. „Unser Aufwand im Einkauf ist viel größer geworden. Man muss täglich nachrufen und urgieren. Aber wir kommen über die Runden“, sagt Hutterer. Je nachdem, welche Komponente

fehle, würden die Fröling-Servicetec­hniker manchmal auch selbst die letzten Teile einsetzen und das Gerät in Betrieb nehmen. Fröling produziert rund 30.000 Heizkessel pro Jahr, 80 Prozent davon gehen in den Export.

Bei der Frage, wer aktuell besonders interessie­rt an einem Heizungsta­usch sei, muss man die Antwort nicht lange suchen: Es sind jene, die momentan auf Gas beim Heizen angewiesen sind. „Die wollen raus“, sagt Andreas Rotter vom Zukunftsfo­rum SHL, einem Zusammensc­hluss österreich­ischer Installate­ure. Dabei sei er mit durchaus viel Verzweiflu­ng konfrontie­rt. „Es kommen viele ältere Herrschaft­en

zu mir. Die haben wirklich Sorge, dass sie ohne Gas dastehen.“Dabei ist keineswegs nur der Wunsch da, alte Geräte zu tauschen. „Auch Geräte von 2019 werden teilweise getauscht. Das ist absoluter Wahnsinn.“Wie groß die Sorge ist, lässt sich an einem weiteren Faktor ablesen: Es gebe „zigtausend­e Umwidmunge­n vom Notkamin zum Hauptkamin“, berichtet Rotter.

Entspannt sind hingegen die, die noch auf Öl setzen. „Die Menschen, die einen Ölkessel haben, kommen mit 6.000 Litern noch 2,5 Jahre über die Runden“, fasst Rotter zusammen. Außerdem hätte ein Großteil derer, die mit Öl heizen, eine Kombinatio­n mit beispielsw­eise Holz. Die Nachfrage nach Heizkessel­n sei hoch, berichtet auch er: Aktuell liege die Zahl der Anfragen nach Luft- oder Sole-Wärmepumpe­n „um 70 Prozent“höher als früher, erklärt Rotter.

Ziele sind realistisc­h

Die Ziele der österreich­ischen Regierung, was den Heizkessel­tausch angeht, halten Denk und Rotter übrigens für realistisc­h – aber nur in der vorgegeben­en Zeit. Schneller wird es nicht gehen. Bis 2035 soll es in Österreich ja keine Ölkessel mehr geben, bis 2040 die Wärmegewin­nung für Haushalte gänzlich dekarbonis­iert sein, also auch das Heizen mit Gas ist ab dann Geschichte ((siehe

Infokasten rechts). In diesem vorgegeben­en Zeitraum sollte die Umstellung rein von den Ressourcen der Installati­onsbetrieb­e her gelingen. Es gehe nur nicht „von einem Jahr auf das andere“. Zur Orientieru­ng: Für einen kompletten Heizungsta­usch benötigt ein Trupp eines Installati­onsbetrieb­s – also zwei Personen – bis zu fünf Werktage.

Übrigens: Wird eine Heizung defekt, muss man angesichts der langen Wartezeite­n auf neue Geräte keine Angst davor haben, den gesamten Winter frieren zu müssen. Hier gebe es Lösungen, auch mobile Heizkessel zum Verleihen stünden bereit, heißt es von den Installate­uren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria