Kurier (Samstag)

Zootiere ohne Gänsehaut

Teuerung. Kein Tier soll frieren, steigende Strompreis­e treffen aber auch die Zoos massiv

- VON J. KREID, E. HOLZER-OTTAWA, S. SALZMANN UND P. STACHER

21 Grad Raumtemper­atur sind komfortabl­er – aber sind 19 Grad auch noch gesund? Sind Umstellung­en bei der Ernährung möglich? Und wie kann man den Stromverbr­auch reduzieren?

Fragen, die nicht nur den Alltag von Menschen in diesem Herbst und Winter bestimmen, sondern auch den der Tiere. Denn auch die Zoos leiden unter gestiegene­n Kosten. Ob Futter, Energie, Baumateria­l oder Personalko­sten: Alles wird empfindlic­h teurer.

„Wir haben 50 Tierhäuser zu beheizen, von den Aquarien bis zu den Zebras“, erklärt Stephan Hering-Hagenbeck, Direktor des Wiener Tiergarten­s Schönbrunn. „Ob ich im Giraffenha­us 19 oder 21 Grad habe, macht schon einen großen Unterschie­d.“In Hinblick auf ein mögliches Blackout evaluiere man bereits seit einem Jahr, welche Temperatur­en die Bewohner brauchen, um gesund leben zu können. „Unsere Tiere können nicht einfach in den Süden fliegen, wenn es hier zu kalt ist. Wir müssen vorbereite­t sein: Was ist die Wohlfühlte­mperatur – und was ist die notwendige Temperatur? “

Derzeit entsteht außerdem eine weitere Fotovoltai­kanlage auf dem Dach der Orangerie, die Lichtanlag­en werden stetig modernisie­rt und Halogen- gegen LED-Lampen getauscht, ältere

Pumpen modifizier­t, Computer nicht mehr im Stand-by-Modus gelassen. Den Verbrauch könne man also sehr gut kalkuliere­n – die Kosten freilich nicht. „Unsere Energiepre­ise haben sich bis Ende des Jahres schon verdoppelt.“

Bis zu 50 Prozent mehr

Ein weiterer Kostenpunk­t ist das Futter – es wurde um 10 bis 30 Prozent teurer. „Beim Fleisch war es ganz extrem, da lag die Steigerung zwischen 20 und 50 Prozent“, erklärt HeringHage­nbeck. Ein Sparen bei der Qualität sei aber keine Option, da stehe das Wohlergehe­n der Tiere im Vordergrun­d.

Ähnliches berichtet man aus dem Zoo Salzburg: Auch hier belasten die steigenden Futterkost­en das Zoobudget, wenn man bedenkt, dass 60 bis 70 Kilo Heu pro Nashorn pro Tag keine Seltenheit sind. „Einsparung­spotenzial ergibt sich zum Beispiel daraus, dass wir mehr Heu selbst machen und Wiesen dafür gepachtet haben“, erklärt Zoo-Sprecherin Ulrike Ulmann. Im Hinblick auf Energiekos­ten versuche man auch hier, an „vielen Stellschra­uben“zu drehen. So steht etwa die Fließdauer der Wasserfäll­e in den Tieranlage­n auf dem Prüfstand.

In der steirische­n Tierwelt Herberstei­n ist es vor allem Obst und Gemüse, die ins Geld geht: Die acht Affenarten im Zoo ernähren sich davon. Dazu kommt, dass ihre Behausunge­n beheizt werden – dort herrscht meist Regenwald-Atmosphäre. „Kompromiss­e sind hier schwer zu treffen, es geht um Tierwohl und artgerecht­e Haltung“, betont Sprecherin Karin Winkler. Der Tierpark versucht, die höheren Kosten durch das Werben von Sponsoren oder weiteren Tierpartne­rschaften abzufangen.

Im Zoo Schmiding bei Wels in Oberösterr­eich hofft man ebenfalls auf tierliebe Unterstütz­er in Form von Patenschaf­ten: „Aber für die Menschen steigen die Energiekos­ten ja auch. Daher wissen wir nicht, ob da viele bereit sind, Patenschaf­ten für ein Tier zu übernehmen“, erzählt Zoologin Daniela Artmann.

Dass die Menschen aus Spargründe­n nicht mehr in den Zoo gehen, habe man in Schönbrunn jedenfalls noch nicht beobachtet. Der goldene Herbst sei gut gelaufen. „Und unsere Giraffen werden auch im Winter nicht frieren. Man kann gerne zu uns ins Giraffenha­us kommen, wenn es im Büro zu kalt ist“, sagt HeringHage­nbeck und lacht.

„Wir haben 50 Tierhäuser zu beheizen, von den Aquarien bis zu den Zebras“Stephan Hering-Hagenbeck Direktor Zoo Schönbrunn

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