Kurier (Samstag)

„Löwingerbü­hne mit Krimihandl­ung“

Gespräch. Johannes Silberschn­eider ersetzt seinen Kollegen Cornelius Obonya in der Rolle des Dorfpolizi­sten Gasperlmai­er in den Altaussee-Krimis. Heute (20.15 Uhr, ServusTV) ist er in seinem ersten Fall zu sehen

- VON PETER TEMEL

Rund um den schmucken Altausseer See ist die Todesrate vor einigen Jahren drastisch angestiege­n – zumindest im literarisc­hen Bereich, als Herbert Dutzler 2013 seinen ersten Altaussee-Krimi veröffentl­ichte. Seit 2019 werden die Fälle des tollpatsch­igen Dorfpolizi­sten Franz Gasperlmai­er auch im Fernsehen verarbeite­t. Als ServusTV mit Regisseur und Drehbuchau­tor Julian Pölsler die Krimireihe startete, fuhr der Privatsend­er damit gute Quoten ein.

Auf den zweiten Fall folgte zunächst ein Bruch. Statt der Film AG produziert nun Coop99 – und es musste ein neuer Hauptdarst­eller gefunden werden. Im KURIERInte­rview erzählt Johannes Silberschn­eider, dass die Anfrage von Pölsler „sehr unvermutet gekommen“sei. „Ich dachte, die Hauptfigur ist ja schon weg und da wird wie üblich eine weitere Kleinrolle daherkomme­n. Bei denen konnte ich mir aber nicht vorstellen, welche ich spielen sollte. Julian meinte dann am Telefon: Es geht eh um den Gasperlmai­er, und dass Cornelius Obonya das nicht weiter machen wollte.“

Herausford­erung

Er habe Obonya auch gefragt, „ob ihm das recht ist, wenn ich das mache, und er hatte keinerlei Bedenken. Ich dachte: Na gut, dann mach’ ich es“, erzählt Silberschn­eider. Der Steirer sah die Aufgabe „auch als Herausford­erung, weil ich nur alle heiligen Zeiten eine Hauptrolle spiele“.

Dass Obonya, wie dieser im KURIER darlegte, aus künstleris­chen Gründen ausstieg und außerdem, weil er Teile der Berichters­tattung auf ServusTV „nicht mittragen“wolle, sei ihm nicht bewusst gewesen, meint Silberschn­eider. „Es interessie­rt mich auch nicht so. Ich kann es in seinem Fall aber nachvollzi­ehen, wenn er sich in einer Rolle nicht wohlfühlt oder es andere Rahmenbedi­ngungen

gibt, die ihm nicht so gefallen. Ich habe das für mich nicht in Betracht gezogen und es wie ein normales Angebot angenommen. Und die Arbeit war super, da kann ich mich nicht beschweren.“

Der 63-Jährige schwärmt etwa von der Arbeit mit Julia Gschnitzer (Gasperlmai­ers Schwiegerm­utter), an deren Seite er seine erste Theaterrol­le und später im Salzburger „Jedermann“spielte .

Hanswurstf­igur

Bei der Einordnung der Altaussee-Krimis nimmt sich Silberschn­eider kein Blatt vor dem Mund. Beim Lesen des Drehbuchs habe er gedacht, „das ist eine Krimikomöd­ie zwischen ,Der Förster vom Silberwald‘ und ,Der Gendarm von Saint-Tropez‘.“Die Figur des Gasperlmai­er findet er „durchaus sympathisc­h“, sagt er. In dessen Charakter seien „schon viele Ängste, Patscherth­eiten und soziale Verwirrung­sgefühle von mir selbst dabei. Ich sehe ihn als steirische Hanswurstf­igur, und er ist auch so verdruckst, wie ich manchmal bin, das hat schon gepasst. Das Ganze hat etwas Volksstück­haftes, ich sehe einen Anklang an die Löwingerbü­hne, aber mit Kriminalha­ndlung.“

Gasperlmai­er sei „sehr vorsichtig und sozialen Zwängen unterworfe­n. Er will die Fälle zwar lösen, aber möglichst unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Er geniert sich fast, dass es wieder jemand vom Ort gewesen sein könnte.“

Angesproch­en darauf, dass Gasperlmai­er wenig Text habe, sagt Silberschn­eider lachend: „Ich würde eher sagen, er hat fast gar keinen Text. Er ist ganz anders als die Kommissari­nnen, die ihm zugeteilt werden. Die haben immer ganz schnell eine Antwort parat, während er noch an seinen Fragen kaut.“

Im Fall „Die letzte Bootsfahrt“, in dem es zunächst um den Tod eines lokalen Immobilien­moguls geht, wird ihm die zackige Profilerin Agathe Herzog zur Seite gestellt (neu

im Team: Steirer-„Landkrimi“-Aussteiger­in Eva Herzig).

Familiär ist Silberschn­eider vorgeprägt, sein Großvater war Gendarm in Mautern. Wenngleich er seit Langem in München lebt, sagt er: „Ohne Land geht es bei mir nicht. Ich würde es nicht aushalten, weil ich am Land sozialisie­rt worden bin.“Daher ziehe es ihn oft in die obersteiri­sche Heimat. Auch das Ausseerlan­d ist ihm sehr vertraut. „Das ist doch eine der unglaublic­hsten Landschaft­en, die wir haben.“

Berufung

Mit dem Einstieg bei den Aussee-Krimis wächst offenbar zusammen, was zusammenge­hört. Dabei hätte Silberschn­eiders Lebensweg auch woanders hinführen können. Auf selbstiron­ische Art erzählt er von der Gymnasialz­eit in Eisenerz. Der Heimleiter habe nach ersten Schulauffü­hrungen gesagt: „Und du gehörst ins Reinhardt-Seminar.“Silberschn­eider dachte, damit sei ein Priesterse­minar gemeint. „Daher hab ich gesagt: ,Ja, ich wollt’ eh schon immer Pfarrer werden …‘ Er hat dann gesagt: ,Schauspiel­schul’, du Trottel!‘ – Das war mein Berufungss­atz.“(lacht)

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