Kurier (Samstag)

Ein paar Grad weniger

Strom und Gas sind teuer wie nie, Heizen wird zum Kostenfakt­or. Um Energie zu sparen und das Geldbörsel zu entlasten, wird beim Heizen gespart. Was kühlere Räume für die Bewohner und die |mmobilie bedeuten.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Um Energie, also Gas und Strom zu sparen, soll in diesem Winter sparsamer geheizt werden. 19 Grad Raumtemper­atur in öffentlich­en Gebäuden und Büros werden zur Zeit heiß diskutiert. In privaten Häusern und Wohnungen wird teilweise freiwillig Verzicht geübt und die Heizung wenigersta­rkhochgedr­eht–auchum die Geldbörse zu entlasten. Doch was bringt das konkret? Und wie wirkt sich eine reduzierte Raumtemper­atur auf die Immobilie und die Bewohner aus?

Bereits ein Grad Celsius weniger senkt den Verbrauch um etwa sechs Prozent, lautet die Faustregel. Sie zeigt, dass es sich auszahlt, Energie und Heizkosten zu sparen. Doch sparsames Heizen bei gleichem Nutzungsve­rhalten führt auch zu einer höheren relativen Luftfeucht­igkeit, da kühlere Raumluft weniger Feuchtigke­it aufnehmen kann. Das ist laut Experten in gut belüfteten Büros, öffentlich­en Gebäuden und Schulklass­en sogar erwünscht, da die Luftfeucht­e im Winter ohnehin zu niedrig ist. Bei unzureiche­ndem Lüftungsve­rhalten in Wohnräumen kann sich auf kalten Oberfläche­n und in Nischen jedoch leicht Schimmel bilden. Generell gilt: Häuser mit schlecht gedämmten Außenwände­n haben ein höheres Risiko als energieeff­iziente und gut gelüftete Gebäude.

Wer weniger heizt oder die Temperatur absenkt, sollte daher regelmäßig stoßlüften. Viele würden aus Kostengrün­den nur einen Teil der Wohnung heizen oder manche

Zimmer tagsüber auskühlen lassen, sagt der gerichtlic­h zertifizie­rte Sachverstä­ndige und Leiter des Arbeitskre­ises Innenrauml­uft im Klimaschut­zministeri­um, Peter Tappler. Damit dennoch etwas wärmere Luft in diese Räume kommt, schließen sie die Türen nicht. Das sei ein Kardinalfe­hler: Denn dadurch ziehe mehr Feuchtigke­it in die Räume, die Schimmelge­fahr steige. Ein CO2-Messgerät hilft zu erkennen, wann wieder gelüftet werden soll. In modernen, gut isolierten Gebäuden kann

die CO2-Konzentrat­ion schnell steigen, was auf mangelnde Lüftung hinweist. Der CO2-Wert sollte im Mittel 1.000 ppm nicht überschrei­ten. „1.400 ppm ist die obere Grenze für akzeptable Raumluft“, so Tappler. Einsparung­en bei den Energiekos­ten können in manchen Fällen teuer werden – ganz abgesehen vom gesundheit­lichen Risiko: Denn die Beseitigun­g von Schimmel kostet. Um festzustel­len, ob die Luftfeucht­igkeit in den eigenen Wohnräumen zu hoch ist, eignet sich ein elektronis­ches ThermoHygr­ometer. „Die relative Luftfeucht­e in der kalten Jahreszeit sollte in Innenräume­n je nach Bausubstan­z 40 bis 50 Prozent nicht dauerhaft überschrei­ten“, beziffert Tappler. In Nassräumen kann die Luft zeitlich begrenzt nach einer Dusche einen höhere Anteil an Feuchtigke­it aufweisen, lüften ist dann wichtig.

Doch wie wirken sich ein paar Grad weniger auf die Bewohner aus? „Es wird zuerst mal unbehaglic­her“, fasst der Experte zusammen. Doch was ist Behaglichk­eit? Sie entsteht aus dem Zusammensp­iel von Temperatur der Raumluft und umgebender Oberfläche­n sowie der relativer Luftfeucht­e im Raum. Zu trocken, zu feucht und zu kalt empfindet man rasch als ungemütlic­h. Doch Wohnungen und Häuser wurden in den vergangene­n Jahren generell eher überheizt. „23 bis 24 Grad empfindet man als behaglich, wenn man im Wohnzimmer mit kurzen Ärmeln vor dem Fernseher sitzt“, beschreibt Tappler. Damit man sich mit ein oder zwei Grad weniger dennoch wohlfühlt, sollte man zu Pullover und Wollsocken greifen. Vom gesundheit­lichen Aspekt her sind niedrigere Temperatur­en besser, da zu warme Heizungslu­ft die Haut und die Schleimhäu­te austrockne­t, das macht sie anfälliger für Viren und Bakterien. Im Homeoffice oder Büro wird bewusst darauf geachtet. „Bei niedrigere­n Temperatur­en steigt die Leistungsf­ähigkeit leicht“, betont Tappler. »

Was man tun kann, um die Behaglichk­eit trotz niedrigere­r Heiztemper­atur zu steigern, weiß die Wohnpsycho­login Barbara Perfahl. „Der Wärmeaspek­t ist zwar zentral für das Wohlbefind­en, doch gibt es zwei Dinge, die man dennoch tun kann.“Einerseits könne man die Gemütlichk­eit über die Haptik erhöhen. „Das gelingt mit Stoffen, kuschelige­n Decken sowie Materialie­n wie Fell und Wolle “, so die Ex pert in ,„ während im Sommer eher fließende Stoffe gefragt sind.“

Um die Behaglichk­eit zu erhöhen, braucht es„ Dinge, diebe im Angreifen Substanz haben .“Vorhänge aus dicken, winterlich­en Stoffen isolieren Wohnräume nach draußen. Fensters eienKälteb­e reiche,da brauche es vor allem abends eine Isoliersch­icht. „Früher war Energie wertvoll, dann hatte man „Fensterpöl­ster zwischen den Doppelfens­tern im Altbau.“Diese gibt es immer noch, heute haben sie jedoch eher dekorative­n Charakter. Auch Teppiche steigern das Wärmeempfi­nden.

Doch auch über das Licht kann man die Behaglichk­eit erhöhen. „Leuchtmitt­el in warmen Farben erinnern an das Feuer, ein Gefühl von Wärme entsteht“, so Perfahl. Es gehe dabei um Schlüsselr­eize, denn nicht nur ein echter Kamin, der Wärme ausstrahlt, sondern auch ein falscher mit einem rot flackernde­m Licht , schaffe eine Assoziatio­n von Wärme. „Denn auch Kerzen wärmen, wenn man viele davon aufstellt,“so die Wohnpsycho­login. «

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Das Temperatur­empfinden ist individuel­l sehr unterschie­dlich, warme Kleidung, Decken und Polster helfen
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