Wiener Firma macht Kommunikation abhörsicher
Der Markt rund um Quantenkommunikation ist dabei, abzuheben
Der Tag, an dem Quantencomputer herkömmliche Verschlüsselung innerhalb kürzester Zeit aushebeln werden können, wird „Q-Day“genannt. Wann es so weit ist – ob in drei, fünf, 15 oder 25 Jahren – ist ungewiss. Dass der Q-Day kommen wird, bezweifeln Experten nicht. Dann werden heute noch sichere Datenverbindungen geknackt und manipuliert werden können. Finanztransaktionen sind davon ebenso betroffen wie die Verkehrsregelung oder Firmengeheimnisse. Auch verschlüsselte eMails, die davor abgefangen wurden, können dann entschlüsselt werden. „Das hätte extreme Auswirkungen auf die digitale Gesellschaft“, sagt der Quantenphysiker Rupert Ursin.
Quantentechnologie bietet aber auch eine Lösung für das Problem. Mit auf den Prinzipien der Quantenmechanik basierenden Verschlüsselung kann Kommunikation zu hundert Prozent abhörsicher gemacht werden. Die Erzeugung und der Austausch der Schlüssel über die verschränkten Quantenteilchen kann auch von Quantencomputern nicht geknackt werden. Die fragilen Quantenzustände sorgen dafür, dass Abhörversuche leicht entdeckt werden können. Ursins Start-up Quantum Technology Laboratories, kurz qtlabs, erstellt Studien und Pläne für solche Quantennetzwerke und baut Prototypen von Geräten, die dafür benötigt werden – etwa Teleskope mit Quantenempfängern. Mit knapp 50 Mitarbeitern erwirtschaftete qtlabs und seine Schwesterfirma Quantum Industries (QI) zuletzt einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro. In den nächsten Jahren dürfte es wesentlich mehr werden.
EU-Kommission als Kunde
Der Markt sei dabei abzuheben, sagt Ursin, der beim Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger dissertierte und später als Vizedirektor des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätig war. Zu den Kunden des 2017 aus der ÖAW ausgegründeten Start-ups zählen neben der EU-Kommission auch Satellitenfirmen und Unternehmen aus dem Bereich der kritischen Infrastruktur.
Wie gelingt der Übergang von der Grundlagenforschung zur kommerziellen Verwertung? Wenn man Grundlagenexperimente machen will, sei es notwendig, Technologien weiterzutreiben, um die Effekte sehen zu können, sagt Ursin. „Irgendwann waren wir dann so weit fortgeschritten, dass die Technologie industriell anwendbar wurde.“
Mit dem Start-up will Ursin in Österreich bleiben. Vor allem weil sich hierzulande im akademischen Bereich ein riesiges Ökosystem um die Quantenforschung gebildet hat. „Es gibt viele Quantenphysiker in Wien, Innsbruck und Linz. Das ist ein unschlagbarer Vorteil.“
Die heute schon funktionierenden Prototypen will man in den nächsten Jahren für die Massenproduktion weiterentwickeln. Ursin: „In zehn Jahren wollen wir einer der führenden Gerätehersteller sein.“