Ein Spital als Hamas-Schutzschild – kann das sein?
Israel bombardiert Gazas größtes Krankenhaus, weil darunter eine Hamas-Zentrale sein soll. International ist der Aufschrei groß
Den Vorwurf gibt es schon lange. Unter dem größten Krankenhaus in Gaza, dem Al-Shifa-Spital mit 1.500 Betten und 4.000 Angestellten, soll die Hamas eine Zentrale betreiben. Teile des 500 Kilometer langen Tunnelsystems, das die Terroristen in der ganzen Enklave errichtet haben, sollen dort verlaufen; zudem lagern in Kellerräumen Waffen, heißt es.
Jetzt, wo außerdem noch bis zu 50.000 Vertriebene dort Schutz suchen, hat Israel das Krankenhaus bombardiert. 13 Tote beklagt die Hamas.
Kann das stimmen? Sowohl die Behauptung – als auch der Beschuss?
Beweisvideos
Durchaus. Israel präsentierte vor Tagen Videos, mit denen die Existenz der Zentrale nachgewiesen werden soll. Die Informationen würden von Geheimdiensten und von Terroristen stammen, die nach dem 7. Oktober festgenommen wurden; die Befragung wurde veröffentlicht. Zwei Dschihadisten erzählen da, dass die Hamas ihre Zentralen bewusst unter zivilen Einrichtungen baue, „um nicht bombardiert zu werden.“Ein Terrorist bestätigt, dass man Treibstoff für eigene Zwecke bunkere – Sprit, den die Spitäler bräuchten.
Ob diese Aussagen stimmen oder unter Druck zustande kamen, ist nicht gesichert. Aber auch Experten betonen, dass die Hamas zivile Einrichtungen und Zivilisten selbst als Schutzschilde benutzt. Nur: Ob das ein Bombardement rechtfertigt, ist eine ganz andere Frage.
Völkerrechtlich stehen Spitäler unter besonderem Schutz der Genfer Konvention. Allerdings gibt es ein Zusatzprotokoll, auf das sich Israel beruft: Werden Spitäler zweckentfremdet, verlieren sie den Status und dürfen angegriffen werden, sofern es Warnungen in „angemessener Frist“gegeben hat. Genau das hat Israel mit seinen Evakuierungsaufrufen gemacht. Allerdings ist dieses Vorgehen nicht nur moralisch, sondern auch juristisch hochproblematisch. Eine Räumung eines Spitals ist eine logistische Katastrophe – im Gazastreifen noch mehr, da andere Einrichtungen zur Aufnahme der Patienten fehlen, kritisiert Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte. Eine Evakuierung käme einem „Todesurteil“gleich.
Israel steckt damit in einem Dilemma. Denn der Hamas ist das Völkerrecht egal, aber Tel Aviv muss sich der Genfer Konvention beugen, sagt Türk. Das zynische Verhalten der Dschihadisten entbinde den Staat „nicht von seiner Verpflichtung, Zivilisten zu verschonen.“Wer das missachte, verstoße genauso gegen das Kriegsrecht.