Eine Kerze, die an beiden Enden brannte
Maria Callas. Heute, Samstag, jährt sich der Geburtstag der Jahrhundertsängerin zum 100. Mal – der Versuch einer Annäherung an einen längst zum Kult gewordenen Mythos
La Divina, La Primadonna Assoluta – so wurde sie damals und so wird sie auch heute noch genannt. Maria Callas. Diese Ausnahmeerscheinung, Jahrhundertsängerin (1923 – 1977) hat Spuren hinterlassen. Nicht nur in der Opernwelt. Denn es ist kein Zufall, dass sich auch Hollywood ihres Lebens, genauer gesagt der letzten Tage ihres Seins annimmt. Der chilenische Regisseur Pablo Larraín dreht aktuell mit Angelina Jolie als „La Callas“ein Biopic über die so erfolgreiche, privat so unglückliche Künstlerin.
Liebessehnsucht
„Jeder liebt die Callas, doch keiner liebt Maria“, hat sie einst selbst gesagt. Diese Suche nach Anerkennung, nach Liebe und Geborgenheit trieb Maria Callas ein Leben lang an. Als Primadonna auf der Bühne, wo sie gefeiert wurde. Und als Privatmensch, dem jedoch nur wenig Glück vergönnt war. Der Spagat zwischen Weltstar und Frau – er ging letztlich nicht auf.
Die Vorzeichen: Geboren als Tochter griechischer Einwanderer in New York, der Vater verließ die Familie früh, die Mutter präferierte ihre ältere Schwester, erkannte jedoch bald das Stimmpotenzial der jüngeren. Während des Zweiten Weltkriegs sang Callas für die Soldaten, auch um Geld für die Familie nach Hause zu bringen. Erste Rollen in Athen (siehe unten) folgten, dann die Begegnung sowie Ehe mit Giovanni Battista Meneghini. Um die Bühnen der Welt zu erobern, nahm die
Callas massiv ab, mutierte zu einer strahlend schönen Frau. Ab 1950 (Debüt an der Scala) war sie am Ziel. Mit ihrer unverwechselbaren Stimme sowie ihrem Charisma verzauberte sie Menschen aus aller Welt in unzähligen Rollen.
Augensprache
Doch was war das Geheimnis der Callas? Ganz einfach: Sie sang ihre Partien nicht, sie lebte und durchlitt sie. Wer je eines der Filmdokumente gesehen hat, erkennt, dass sie allein mit den Augen, mit wenigen Gesten ganze Opernwelten durchmessen hat. Etwa mit Rossinis „Una voce poco fa“aus dem „Barbier von Sevilla“oder als Tosca in Puccinis gleichnamiger Oper. Doch auch auf den für ihre kurze Karriere relativ vielen Tondokumenten sieht man vor dem inneren Auge großartige, intensive Dramen.
„Sie ist eine Kerze, die an beiden Enden brennt“, notierte die große Ingeborg Bachmann. Und ja, die Bachmann hatte recht. Denn bei Maria Callas gab es kein Mittelmaß, weder im Positiven noch im Negativen. Ihre Plattenfirma EMI erkannte das früh und spannte sie immer wieder mit einem „Callas-Team“zusammen. Tenor Giuseppe di Stefano, Bariton Rolando Panerai und Bassist Tito Gobbi waren zu Glanzzeiten ihre Partner. Giuseppe di Stefano auch noch später, als er die Callas in den frühen 70-er Jahren noch zu einer gemeinsamen Japan-Tournee überredete. Böse Zungen behaupten bis heute: Er brauchte das Geld. Zu diesem Zeitpunkt war La Callas längst auch als Privatperson ein Objekt des öffentlichen Lebens. Die Scheidung von Meneghini und die Liebesaffäre mit dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis sorgten für Schlagzeilen. Im musikalischen Bereich befeuerte die gefürchtete Klatschkolumnistin Elsa Maxwell medial einen Divenkrieg zwischen Callas und ihrer Kollegin Renata Tebaldi. In Onassis glaubte der „Mensch Maria“ihre große Liebe gefunden zu haben, doch es endete in einer griechischen Tragödie. Onassis ließ die Trophäe Callas fallen und heiratete Jacqueline, die Witwe von US-Präsident John F. Kennedy. Das hat sie laut Wegbegleitern nie überwunden. Sie sei mit nur 53 Jahren an gebrochenem Herzen gestorben, sagten viele. Doch die Stimme und der Mythos Callas sind unsterblich.
Sie prägte die Oper wie keine andere und hinterlässt auf Tonträgern ein großes Vermächtnis: Maria Callas