ÜBER leben
ch muss um Entschuldigung bitten, aber die heutige Geschichte wird ein bisschen anrüchig. Es ist die wahre Geschichte, wie ich plötzlich nicht mehr pinkeln konnte. Wer also die Darstellung gewisser Körperfunktionen unpassend findet, möge diesen Text lieber meiden. Also: Unlängst wachte ich eines Morgens auf und begab mich, einem jahrzehntelang eingeübten Ritual folgend, auf die Toilette, um Harn abzulassen. Dort musste ich jedoch verblüfft feststellen, dass das nicht ging. Ich konnte nicht loslassen, die dafür zuständigen Muskeln ließen sich nicht lockern. Es fühlte ich an, als hätte ich einen Krampf im Beckenboden.
Ich dachte mir nicht viel dabei und verschob die Erledigung dieses Geschäfts auf später. Eine halbe Stunde danach setzte ich mich wieder aufs Klo – und es ging wieder nicht. Ich wiederholte den Versuch des Öfteren, mit immer gleichem Ergebnis. Ich versuchte, zur Ablenkung auf der Toilette Zeitung zu lesen, aber auch das half nicht.
ISchließlich stellte ich mich, schon leicht verzweifelt, unter die warme Dusche, in der Hoffnung, dies werde den Krampf lösen – aber es tat sich nichts.
Meine Mutter, bei der ich dieser Tage zu Gast war, wurde panisch und murmelte etwas von „Blasenriss“und „Lebensgefahr“. Also fuhren wir in die urologische Ambulanz eines nahen Krankenhauses. Dort war man ebenso ratlos, setzte mir einen Katheter und entleerte mich. Am nächsten Tag wiederholte sich das Spiel, nur, dass wir diesmal in ein anderes Spital fuhren. Schließlich fuhren wir zu einem Urologen, der uns gleich drannahm und mir ein Medikament verschrieb, welches den Krampf lösen sollte. Auch das half nichts. Irgendwann kam ich dann drauf: Bestimmte Tabletten, die ich seit Kurzem einnahm, hatten als Nebenwirkung „Harnverhaltung“. Ich setzte sie ab – und alles floss wieder wie eh und je.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.