Totschnig kritisiert FPÖ und EU
EU mache Österreichs Bauern zu viele Vorgaben, Minister erwartet keine Protestwelle
Während in Deutschland die Bauern bereits seit Wochen gegen den Abbau von Subventionen protestieren, versucht in Österreich die FPÖ die aktuelle Proteststimmung für sich zu nutzen. Zu ihrer Kundgebung am Wiener Ballhausplatz am Freitag kamen aber nur wenige Leute (siehe oben).
In Berlin startete parallel dazu die 88. Ausgabe der „Grünen Woche“– eine Messe der weltweiten Agrar- und Ernährungswirtschaft. Dort betont Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) zwar seine Solidarität mit den deutschen Bauern. Den angekündigten Protest der FPÖ kritisiert er jedoch scharf: „Die FPÖ will Bauern aus parteipolitischen Überlegungen instrumentalisieren. Das ist sehr schade“, sagt Totschnig bei einer Pressekonferenz am Vormittag.
Mit den Bauernprotesten in Deutschland sei die Situation nicht vergleichbar. Deutsche Landwirte seien mit Kürzungen konfrontiert, während es in Österreich Wirtschaftshilfen wie den Stromkostenzuschuss gebe, sagt der Minister. Dementsprechend ortet Totschnig auch keine konkrete Gefahr, dass es hierzulande zu einer vergleichbaren Protestwelle kommen könnte.
Bauernbund-Präsident Georg Strasser gibt Totschnig Recht und übt harsche Kritik an den Freiheitlichen: „Die Kundgebung ist eine reine Parteiveranstaltung der FPÖ, bei der die Bauern als das Feigenblatt benutzt werden.“Außerdem schüre die FPÖ Angst und spalte das Land, sagt Strasser.
Debatte um Green Deal
Neben den Bauernprotesten bestimmt noch ein zweites Thema den Auftakt der Grünen Woche, die bis 28. Jänner dauert: Der Green Deal der EU, dessen wichtigstes Ziel die Erreichung der Klimaneutralität 2050 ist.
Und diesen kritisiert der ÖVP-Minister besonders deutlich. Die Vorgaben beim Klimaschutz, Artenschutz und der Biodiversität seien zu hoch – und würden Österreichs Landwirte massiv beeinträchtigen. „Die EU hat sich von den vier Grundfreiheiten hin zu den zehntausenden Regulierungen entwickelt“, sagt Totschnig.
Alleine beim Green Deal befänden sich 136 Rechtsakte in unterschiedlichen Umsetzungsstadien. „Viele Regelungen davon bringen Bäuerinnen und Bauern an ihre Grenzen.“Der Landwirtschaftsminister fordert deshalb eine „Kurskorrektur“der EU-Politik – auch wenn er sich grundsätzlich zum Green Deal bekenne.
Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, stellt fest: „Natürlich ist auch die Stimmungslage in der österreichischen
Bauernschaft herausfordernd.“Österreichs Landwirte hätten viele ähnliche Schmerzpunkte wie die deutschen – in Form der gleichen Vorgaben durch die gemeinsame Agrarpolitik und den „längst überholten ,Green Deal’, wo die Praktikabilität zunehmend leidet“, sagt Moosbrugger.