Der Scharfschütze ist gelandet
Die japanische Weltraumagentur JAXA ist am Freitag mit der Raumsonde SLIM auf dem Mond gelandet. Sie dürfte die große Herausforderung einer weichen Landung gemeistert haben
Wie geplant hat die japanische Raumsonde SLIM am Freitag um 16.20 Uhr auf dem Mond aufgesetzt. Da sie wie erwartet Daten übermittelt, geht die JAXA von einer weichen Landung aus.
So eine Mondlandung ist nicht einfach. Im vergangenen Jahr sind sowohl die russische Raumsonde Luna-25 als auch der private japanische Lander Hakuto-R auf der Mondoberfläche zerschellt. Der Mondlander Peregrine des US-Unternehmens Astrobotic schaffte es dieser Tage erst gar nicht zum Erdtrabanten. Nach einem erfolgreichen Start vergangene Woche ist das Raumgefährt am Donnerstag nach Problemen mit der Steuerung und einem Treibstoffleck zurück zur Erde gekehrt und in der Erdatmosphäre verglüht.
Die Landung des „Smart Lander for Investigating the Moon“(SLIM) wäre für die japanische Raumfahrtorganisation JAXA daher historisch. Nach den USA, Russland, China und Indien wäre das Land die erst fünfte Nation, die sanft auf dem Mond aufgesetzt hat. Japans Mission stellte zusätzlich keine einfache Mondlandung dar, sondern Präzisionsarbeit. Die Landezone von SLIM beschränkt sich auf eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld. Frühere Missionen landeten in Gebieten, die sich über mehrere Quadratkilometer erstreckten.
Mond-Scharfschütze
Diese Genauigkeit brachte dem Mondlander seinen Spitznamen „Moon Sniper“, also Mond-Scharfschütze ein. Beim Landeanflug erkennt die Sonde dabei selbstständig ihre Position, indem sie die Bilder ihrer Kamera mit vorhandenen Satellitenfotos des Mondes abgleicht. Diese „bildgestützte Navigation“ermöglicht laut JAXA eine präzise Landung.
Anders als vergangene Mondmissionen zielte SLIM nicht auf den Südpol des Mondes, sondern auf den Rand des 300 Meter breiten Shioli-Kraters, etwas südlich des Mondäquators, ab. Von dort aus soll der Mondmantel zugänglich sein. Diese kaum erforschte Schicht unter der Kruste könnte laut Forschern Hinweise auf Wasser beherbergen.
Unwegsames Gelände
Ein Landeplatz in der Nähe solcher Krater wurde bisher vermieden, da ein Aufsetzen auf hügeligem Gebiet deutlich schwieriger ist als auf einer Ebene. Der Landeplatz von SLIM weist ein durchschnittliches Gefälle von etwa 15 Grad (ca. 27 Prozent) auf. „Da die Ziele der Erforschung immer anspruchsvoller werden, wird die Landung auf einem solchen abschüssigen Gelände in Zukunft immer notwendiger“, heißt es dazu von der JAXA.
Um auf dem steilen Gelände zu landen, musste SLIM zudem ein kleines Kunststück durchführen. Der 700 Kilogramm schwere Lander
näherte sich der Mondoberfläche vertikal, mit seinem Raketenantrieb nach unten gerichtet. Kurz vor dem Aufsetzen kippte er nach vorne und setzt dann mit den dort angebrachten Füßen am Hang auf – zuerst mit den hinteren, dann mit den vorderen. Das kontrollierte Kippen soll verhindern, dass SLIM nach dem Aufsetzten durch die Schräglage in eine ungewollte Position fällt.
Solche Präzisionslandungen haben neben ihren Risiken einige Vorteile. Künftige Rover müssen dadurch etwa nicht mehr so weit fahren oder selbst steile Hänge überqueren, um zu einem bestimmten Ziel zu gelangen.
Auch SLIM ist mit zwei Mondfahrzeugen bestückt, die die Umgebung auskundschaften sollen. Zudem erhöhen sich durch eine präzise Landung auch die Überlebenschancen einer künftigen Mondlandefähre, da dadurch der beste Standort für die Erzeugung von Sonnenenergie ausgewählt werden kann.
Landung auf Asteroiden
Erste Erfahrungen mit Punktlandungen konnte die JAXA bereits mit ihrer Raumsonde Hayabusa 2 sammeln, die im Jahr 2019 zweimal kurz auf dem Asteroiden Ryugu aufsetzte und Bodenproben einsammelte, bevor sie wieder auf die Erde zurückkehrte.
Die Voraussetzungen auf dem Mond sind allerdings andere: Weil Ryugu nur ein 80.000stel der Schwerkraft der Erde aufweist, laufen dort Landungen sehr langsam ab. Auf dem Mond müssen die Landeraketen beim Landeanflug durchgehend feuern, auch wenn die Schwerkraft dort nur ein Sechstel der Erde beträgt. „Es werden 20 Minuten der höchsten Spannung“, beschrieb es JAXA-Manager Kushiki Kenji vor der Landung.
Ob die kleine Landezone überhaupt wie gewollt getroffen wurde, ist noch unklar. Laut JAXA kann es bis zu einem Monat dauern, um herauszufinden, wo genau sich SLIM befindet.
„Der Beginn des Bremsvorgangs bis zur Landung auf dem Mond sind atemlose 20 Minuten der Spannung“Kushiki Kenji, JAXA-Manager