Koalitionsstreit um BVwG beendet: Bestqualifizierte Frau fiel Kompromiss zum Opfer
Christian Filzwieser wird BVwG-Präsident – er war nur drittplatziert, gilt aber als „gute Wahl“. Unklar ist, ob sich Matejka dagegen wehrt
Postenbesetzung. 14 Monate lang herrschte Blockade zwischen ÖVP und Grünen, was die Neubesetzung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) betrifft. Jetzt gibt es einen Kompromiss – mit bitterer Note: Statt der bestqualifizierten Frau (Sabine Matejka) wird der drittplatzierte Mann (Christian Filzwieser) Präsident des größten Gerichts Österreichs. Das Beamtenministerium von Werner Kogler bestätigt am Freitag gegenüber Ö1, dass es einen entsprechenden Ministerratsvortrag gibt.
Jetzt soll es schnell gehen: Dem Vernehmen nach ist ein Umlaufbeschluss geplant, damit Filzwieser möglichst bald vom Bundespräsidenten ernannt werden und den Job am 1. Februar antreten kann.
Unklar ist, wie Matejka damit umgeht: Als im September erste Gerüchte laut wurden, dass Filzwieser als „Kompromiss“zum Zug kommen könnte, sagte sie zum KURIER, sie würde „überlegen“, sich an die Gleichbehandlungskommission des Bundes zu wenden. Zwar haben Erstplatzierte keinen Anspruch auf einen Posten (die Minister entscheiden frei), allerdings gilt bei Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst, dass bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt werden müssen. Und Matejka war sogar bestqualifiziert.
Zudem könnte geprüft werden, ob eine Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung vorliegt. Den Verdacht hat Matejka selbst geäußert, als sie im September als Präsidentin der Richtervereinigung zurückgetreten ist. Rund um die BVwG-Besetzung gebe es „parteipolitische Zuordnungen“ihrer Person, die falsch seien, sagte sie.
Bei den Grünen heißt es, man bedauere, dass mit der ÖVP keine Einigung auf Matejka möglich gewesen sei. Es sei mittlerweile aber ein Punkt erreicht, wo man die Entscheidung nicht länger aufschieben könne. Gemeint ist damit das umstrittene Interregnum von Vizepräsident Michael Sachs. Ihn hatten die Grünen schon für die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) als „türkisen Kandidaten“für inakzeptabel gehalten, im
Gegenzug blockierte die ÖVP eben Matejka. Im Oktober wurden zudem mutmaßliche Fehlentscheidungen von Sachs als Richter publik – das Justizministerium prüft.
Unterm Strich haben jetzt beide Parteien nachgegeben: Die BWB führt nicht Sachs, sondern Natalie HarsdorfBorsch; und das BVwG nicht Matejka, sondern Filzwieser.
Kompetenz unumstritten
Filzwieser ist derzeit als Gruppenleiter im Innenministerium für Asyl und Fremdenpolizei zuständig und war zuvor als Richter beim BVwG tätig. Und Asylfälle sind auch das Hauptgebiet des Gerichts als Kontrollinstanz. An seiner Kompetenz zweifelt dem Vernehmen nach niemand – nicht einmal sonst so kritische NGOs. So schreibt Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination auf X: „Auch wenn wir inhaltlich nicht immer einer Meinung sind, sein Einsatz für Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit ist sehr glaubwürdig und unbestritten. Kein Parteikandidat. Eine gute Wahl.“
Überfällig ist übrigens auch die Neubesetzung des Weisungsrates – auch hier gibt es keinen Konsens zwischen ÖVP und Grünen. Die siebenjährige Periode der Mitglieder ist am 1. Jänner 2023 abgelaufen. Bis zur Neubesetzung bleiben sie weiter tätig, heißt es aus dem Justizministerium. Zu den Gründen will man sich auf KURIER-Nachfrage nicht äußern.