CHAOS deluxe
Mit der bin ich fertig ...“, „Mir geht es definitiv besser ohne den ...“, „Die sind für mich gestorben ...“Ich startete aus purem Interesse an den Wirrnissen der Menschheit eine Umfrage zum Tabuthema Kontaktabbruch innerhalb der Blutsverwandtschaft. Mit erstaunlichen Ergebnissen. Und finde Mütter, die seit Jahren nichts mehr von ihren Töchtern gehört haben; Schwestern oder Brüder, die im Staffellauf zum Elternbesuch antreten, weil sie beim gegenseitigen Anblick eine mentale Fischvergiftung entwickeln würden. Großeltern, die ihre Geburtstagsgeschenkpakete unausgepackt und kommentarlos zurückgeschickt bekommen. Ausnahmeerscheinung: Mütter und Söhne. Letztere kriegen für jede Form von Manieren-Ausrutscher von den Muttis gerne einen Freifahrtschein: „Du musst ein bisschen Rücksicht nehmen, sein Wellensittich hat schon seit drei Wochen Bronchitis!“Ansonsten ist unter Dauerbeleidigten ein hoher Frauenanteil auszumachen. Männer dürften mit Antipathie pragmatischer umgehen können. Und einfach mehr Talent für emotionale Belanglosigkeit entwickeln als wir Gefühlsgebeuteltierchen in der Damenabteilung. Ok, mit gewissen Nachbarschaften bin ich auch durchaus in der Lage ein hohes Energiepotenzial in der Disziplin Nicht-einmalIgnorieren zu mobilisieren, aber innerhalb der Familie? Natürlich kann Familie auch laut, anstrengend, ungerecht, manchmal auch kränkend und umständlich sein, aber noch viel schrecklicher wäre, wenn niemand mehr da ist, über den man sich aufregen kann. Und wenn dann plötzlich einer oder eine für immer abgereist ist, steht die eigene Seele schief. Und man realisiert erst dann, wie oberlässig man mit scheinbaren Selbstverständlichkeiten jongliert hat. Also werte Kontaktabbrecher:innen, geschätzte Repräsentant:innen der Gnadenlosigkeit! Es wird Frühling, üben wir uns doch einmal alle im Freigegenstand Über-den-Schatten-Springen. Es könnte weh tun, muss aber nicht.