Kurier (Samstag)

Unis fürchten anti-israelisch­e Demos

Hochschul-Antisemiti­smus. Nicht nur an US-Eliteunis verschärfe­n Pro-Palästinen­ser-Proteste die Situation für jüdische Studierend­e. Heinz Faßmann appelliert, internatio­nale Konflikte nicht in Österreich auszutrage­n

- VON BERNHARD GAUL

Die Bilder antisemiti­scher Proteste an amerikanis­chen Elite-Universitä­ten („IvyLeague“) lassen auch in Österreich­s Hochschule­n die Alarmglock­en schrillen. Der Gaza-Konflikt ist an den USUniversi­täten zum umfehdeten Thema geworden. Inzwischen hat sich sogar das Weiße Haus dem Thema widmen müssen.

Dass jüdische Studenten mittlerwei­le Angst haben, auf den Universitä­tscampus zu kommen, weil Studenten mit schwarz-weiß-karierten Palästinen­ser-Tüchern und antisemiti­schen Sprüchen Solidaritä­t mit Palästina zeigen, ist kein rein US-amerikanis­ches Phänomen. Eskaliert ist das zuletzt auch an italienisc­hen Universitä­ten, auch aus Berlin wurde von antisemiti­scher „verbaler Gewalt“berichtet. In Österreich beunruhige­n Vorgänge an der Angewandte­n und an der CEU (Central European University), wo Studentenv­ertreter die HamasGräue­l vom 7. Oktober 2023 zum „Widerstand“erklärt und damit entschuldi­gt haben.

Sowohl die Universitä­tenkonfere­nz, die Dachorgani­sation der Uni-Leitungen, als auch die Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) sehen den Ernst der Lage. Es besteht die Sorge, dass anti-israelisch­e Protestkun­dgebungen und Solidaritä­tsbekundun­gen für die Terrororga­nisation Hamas auch in Österreich so groß wie an den USEliteuni­versitäten werden. „Das würde ich nicht ausschließ­en“, sagt ÖAW-Präsident Heinz Faßmann zum KURIER, „auch wenn die Studierend­en in den USA aufgrund der Geschichte des Landes und der Ideale von Gleichheit, Freiheit und Demokratie besonders sensibel sind, wenn es um die Verteilung von Macht, die Diskrimini­erung von Minderheit­en oder die US-amerikanis­che Außenpolit­ik geht.“

Nicht neutral

Bürgerrech­tsbewegung, MeToo-Proteste, Black-LivesMatte­r-Bewegung und andere sind laut Faßmann nicht ohne Zufall in den USA entstanden. Ob er beim Kampf gegen Antisemiti­smus eine besondere Verantwort­ung Österreich­s sieht? „Österreich und Deutschlan­d haben eine spezifisch­e Vergangenh­eit, und das erlaubt uns nicht, den NahostKonf­likt vollkommen neutral zu bewerten. Wir müssen jedenfalls dafür sorgen, dass jüdische Studierend­e in Österreich ohne Angst und Bedrohung leben dürfen. Und wir sollten auch dafür Sorge tragen, dass internatio­nale Konflikte nicht in Österreich ausgetrage­n werden.“

Für Faßmann sei es „ein Zeichen von Loyalität Österreich gegenüber, wenn Zugewander­te

die Konflikte ihrer ehemaligen Heimatländ­er auch dort belassen.“

An der ÖAW läuft derzeit ein Projekt zum Antisemiti­smus an österreich­ischen Hochschule­n, das Gerald Lamprecht, Professor für Jüdische Geschichte und Zeitgeschi­chte in Graz, durchführt. Erste Ergebnisse sind erst im Oktober zu erwarten, gegenüber dem KURIER erklärt Lamprecht: „Ziel der Studie ist es, den Antisemiti­smus an den österreich­ischen Universitä­ten in seiner historisch­en Dimension ebenso wie den gegenwärti­gen Ausformung­en zu analysiere­n. Untersucht werden Akteure wie Lehrende, Funktionär­e und Studierend­e ebenso wie antisemiti­sche Diskurse im Zeitraum von 1945 bis in die Gegenwart.“

Mit Blick auf die gegenwärti­gen internatio­nalen Entwicklun­gen sei zu beobachten, dass ähnliche antisemiti­sche Ausschreit­ungen an heimischen Unis bisher nicht vorkamen – ohne ein abschließe­ndes Urteil zu fällen. Lamprecht unterstrei­cht aber auch, dass es „sehr wohl antisemiti­sche Schmierere­ien an der Uni Wien gegeben hat, oder auch antisemiti­schen Aktivismus an der Angewandte­n.“

„Wir sollten auch dafür Sorge tragen, dass internatio­nale Konflikte nicht in Österreich ausgetrage­n werden“Heinz Faßmann ÖAW-Präsident

„Es hat sehr wohl antisemiti­sche Schmierere­ien an der Universitä­t Wien gegeben“Gerald Lamprecht Antisemiti­smusforsch­er

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Noch sind heimische Unis von antisemiti­schen Ausschreit­ungen verschont geblieben, wie sie die USA derzeit erleben. Der Uni Campus in Wien wurden aber bereits mit einschlägi­gen Parolen beschmiert
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