Kurier (Samstag)

Werden WhatsApp, Signal und Telegram bald überwacht?

Innenminis­terium legt Entwurf zur Überwachun­g von Messengerd­iensten vor, Justizmini­sterium ist skeptisch

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Terrorgefa­hr. Ermittler wollen die Nachrichte­n von mutmaßlich­en Terroriste­n und Spionen auf Messengerd­iensten wie WhatsApp, Signal oder Telegram mitlesen und überwachen können. Das wird seit Monaten vom ÖVPregiert­en Innenminis­terium und vom Verfassung­sschutz gefordert. Nun dürfte laut Ö1-Morgenjour­nal dem grünen Justizmini­sterium ein Gesetzesen­twurf des Innenminis­teriums vorliegen.

Aktuell dürfen Ermittler nur „normale“Telefonate mithören. Doch das Gros der Kommunikat­ion findet heute aber über Messengerd­ienste statt. Der Reformvors­chlag des Innenminis­teriums dürfte nun vorsehen, dass Ermittler die Handys und Laptops von Verdächtig­en mit einem eigenen Programm hacken dürfen, wenn „Gefahr droht“. „Zur erweiterte­n Gefahrener­forschung und vorbeugend­em Schutz vor verfassung­sgefährdet­en Angriffen ist die Ermittlung zulässig“, wird in Ö1 aus dem Gesetzesen­twurf zitiert. IS-Terroriste­n sollen etwa über das Onlinespie­l Clash of Clans kommunizie­ren, manche ausländisc­he Staaten sollen dieses Spiel gezielt überwachen. Um Missbrauch der Überwachun­g durch Ermittler zu verhindern, dürfte ein zweistufig­es Bewilligun­gssystem geplant sein. Zuerst müsse eine Ermächtigu­ng durch ein Dreier-Gremium aus Rechtsschu­tzbeauftra­gten im Innenminis­erum erteilt werden. In einem zweiten Schritt müsse das Bundesverw­altungsger­icht jeden einzelnen Fall bewilligen. Die Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst DSN gehe davon aus, dass es dafür eigens spezialisi­erte Richter geben wird.

Um sicherzust­ellen, dass das Gesetz eingehalte­n wird, sollen neuerlich Rechtsschu­tzbeauftra­gte eingesetzt werden. Komme es nach wenigen Tagen zu keiner Bestätigun­g einer Terrorabsi­cht, müsse die Überwachun­g wieder abgebroche­n werden. Auch sei die Überwachun­g nur zulässig, wenn eine terroristi­sche Straftat droht, auf die zumindest zehn Jahre Haft stehen oder bei Spionageve­rdacht.

Ablehnung

Das Grüne Justizmini­sterium zeigte sich skeptisch. Das Justizmini­sterium lehne „das Offenlasse­n und bewusste Ausnutzen von Sicherheit­slücken auf den Handys von Bürgerinne­n und Bürgern durch den Staat ab“. Denn die Sicherheit­slücken könnten Terroriste­n und aggressive Staaten für Spionage, das Planen von Anschlägen oder das Stehlen von Bank- und Gesundheit­sdaten nutzen. Dem widerspric­ht die DSN. Es würden keinen Lücken geöffnet oder gelassen. Diese gebe es bereits und sie würden von Staaten zur Terrorverm­eidung genutzt, aber auch von Kriminelle­n.

Ähnlich wie die Grünen argumentie­rt die Datenschut­zorganisat­ion Epicenter.works. Sie warnte, dass das Wissen um Sicherheit­slücken zum Hacken von Mobiltelef­onen von Kriminelle­n ausgenutzt werden könnte.

Auch die Neos äußern sich ablehnend. „Alle Expertinne­n und Experten sind sich einig, dass es technisch nicht möglich ist, Messenger-Dienste zu überwachen, ohne auf das gesamte System zuzugreife­n“, sagte Datenschut­zsprecher Niki Scherak.

Vor der Nationalra­tswahl im Herbst wird sich aber ohnehin keine Einigung mehr ausgehen.

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Gros der Kommunikat­ion findet heute via Messengerd­ienste statt

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